Dülmen. Klobig und schwer war die Feuerlöschspritze, die die Stadt Dülmen vor 225 Jahren in Dienst stellte. Über 100 Jahre war das Gerät dann ab 1797 im Einsatz, heißt es in der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Dülmen (2002). Heute kann die Dülmener Feuerwehr auf 46 Einsatzfahrzeuge zurückgreifen, und bereits seit geraumer Zeit leisten 310 aktive Feuerwehrmänner und -frauen in der Wehr ihren ehrenamtlichen Dienst. Hinzu kommen 20 hauptamtliche Kräfte, die im Schichtdienst rund um die Uhr abwechselnd in der Wache parat sind – plus einen Wachleiter im Tagdienst. Und mehr und mehr spielt auch bei der Feuerwehr in Dülmen Hightech und Digitalisierung eine große Rolle.
Zur Hightech zählt auch die Einsatzkleidung der neuesten Generation: „Es gibt viele Punkte bei dieser Montur, die bei Einsätzen hilfreich sind“, sagt Roland Strotmann, als stellvertretender Leiter der Feuerwehr Dülmen zuständig für Beschaffung und Ausrüstung der Wehr. Seit Mitte Oktober vergangenen Jahres unterziehen die hauptamtlichen Kräfte der Feuerwehr Dülmen eine solche topmoderne Einsatzkleidung einer Alltagsprüfung. Das Modell, das sie testen, ist sandfarben und firmiert unter der Modellbezeichnung „Berliner Bär“.
„Berliner Bär“ passt sich gut an Körperhaltung an
„Die Ärmel sind in drei Segmente geschnitten, so dass sich die Ärmel dieser neuen Jacke besser an die natürliche Armhaltung anpassen als die Ärmel der bisherigen Jacken. Zudem sind an den Ärmeln Taschen für die Funkgeräte. Von dort können sich die Funkwellen freier verbreiten. Bei der bisherigen Einsatzkleidung ist das Funkgerät vor der Brust platziert, so dass man mit dem Körper im Einsatz die Funkwellen abschattet“, zeigt der Bulderaner auf. „Und durch die hellere Farbe der Kleidung sieht man Verunreinigungen und Anhaftungen besser als bei der dunkelblauen Kleidung bisher.“
Dank eines speziellen Stoffgemischs im Gewebe ist die sandfarbene Montur in der Lage, Temperaturen von bis zu 890 Grad Celsius über mindestens neun Sekunden zu vertragen, ohne in Brand zu geraten – sie bietet also guten Schutz. „Solche Temperaturen ergeben sich, wenn sich in Gebäuden Rauchgase entzünden und es zum befürchteten Flash-over kommt“, erklärt Roland Strotmann. Auch was Atmungsaktivität betrifft, hat die neue Jacke Vorteile. Je nachdem, wie sich die helle Einsatzkleidung insgesamt bewährt, soll die sukzessive Anschaffung dieser Kleidung für alle Feuerwehrmitglieder auf die Agenda gesetzt werden.
Bald ist gesamte Wehr mit neuem Helmtyp ausgerüstet
So, wie es bereits für den Feuerwehr-Einsatzhelm der neuesten Generation erfolgt ist. Mehrere Tranchen des neuen Helms sind der Feuerwehr Dülmen inzwischen geliefert worden – in diesem Jahr soll nun auch die letzte Lieferung über die Bühne gehen.
Im Vergleich zu den bisherigen Einsatzhelmen hat der neue Helm einen Innenhelm, der im Rahmen des Hygienekonzeptes zur Reinigung herausgenommen werden kann – bei den bisherigen Helmen war das nicht möglich. Außerdem kann der Innenhelm mit einem handlichen Drehgriff hinten am Außenhelm schnell an die Kopfform und die Ausrüstung angepasst werden. Wichtig, wenn beispielsweise eine Flammenschutzhaube über den Kopf gezogen werden muss oder Atemschutz angelegt wird. „Die bisherigen Helme mussten immer vom Kopf genommen werden, wollte man an die Verstellung des Innenhelms kommen“, erläutert Roland Strotmann.
Auch hinsichtlich weiterer Sicherheitsaspekte sind die neuen Helme auf der Höhe der Zeit: Zum einen kann ein durchsichtiger Augenschutz heruntergeklappt werden. Und zum anderen besteht zusätzlich die Möglichkeit, ein integriertes durchsichtiges Visier vor das Gesicht zu ziehen.
Der Clou ist allerdings die integrierte, batteriebetriebene LED-Kopflampe. Obwohl sehr stromsparend, ist sie ausgesprochen hilfreich und zuverlässig. „Bei unseren alten Helmen konnten wir kleine LED-Stablampen seitlich des Helms anklicken. Aber wie schnell lösten sich diese Lampen im Einsatz, wenn man mit den Lampen irgendwo drankam“, erinnert sich Roland Strotmann.
Ein Detail an den neuen Helmen weist deren Träger übrigens untrüglich als Mitglieder der Feuerwehr Dülmen aus: eine Stelle in der aufgeklebten Reflexionsfolie, die durch Ausstanzung das Dülmener Kleeblattkreuz erkennen lässt. Sowohl die gelben Einsatzhelme der Feuerwehr-Mannschaftsmitglieder als auch die orangefarbenen Einsatzhelme, an denen im Einsatz deutlich die Einsatzleitung zu erkennen ist, sind mit dem Dülmener Kleeblattkreuz versehen.
Gute Sicherheit und Funktionalität im Fokus
„Es geht um die Sicherheit der Kameraden, die sich bei ihrem Feuerwehrdienst für das Leben der Mitbürger einsetzen, und um möglichst große Funktionalität“, sagt Hubert Sommer, der als Leiter der Feuerwehr Dülmen für das Thema Personal zuständig ist.
15 Jahre war er bereits stellvertretender Leiter der Feuerwehr Dülmen, als er 2016 die Leitung übernahm. Und schon bald führte er eine Neuerung ein: „Wir haben eine klare Bereitschaftsregelung initiiert, so dass nun stets klar ist, wer wann bei Einsätzen die Einsatzleitung übernimmt“, schildert er. Aktuell sind seit geraumer Zeit zwölf Feuerwehrmänner, die über die nötige Erfahrung und die entsprechenden Ausbildungen verfügen, als EVDs (Einsatzleiter vom Dienst) in der Planung.
Online-Kalender mit der Einteilung der EVD-Dienste
Wer dann Dienstbereitschaft hat, nimmt den Einsatzleitwagen-Pkw mit nach Hause, so dass er im Einsatzfall schnell vor Ort ist. Anhand des orangefarbenen Helms und einer Weste mit entsprechender Aufschrift ist er an der Einsatzstelle schnell und eindeutig als Einsatzleiter zu erkennen.
Wer wann für den EVD-Dienst eingeteilt ist, ist in einem digitalen Kalender aufgeführt, auf den alle Feuerwehrkameraden zugreifen können. Und die zwölf Kameraden im EVD-Pool tragen sich für die Bereitschaftsdienste ein, die dann von der Feuerwehrleitung bestätigt werden.
Dieser EVD-Plan ist Teil des digitalen Personalmanagements, den Daniel Niehues für das Intranet der Feuerwehr programmiert hat und auf das auch die Verwaltung der Stadt Dülmen als Träger der Feuerwehr zugreifen kann. „Ein tolles Tool“, sagt Roland Strotmann.
Mit der Programmierung der Personalverwaltung ist Daniel Niehues 2012 angefangen, „als ich die Löschzugführung Dülmen Mitte übernommen habe“, so der 39-Jährige. Er erfasste die Daten der gut 80 Kameraden des Löschzugs Dülmen Mitte und arbeitete nach und nach immer mehr Funktions-Bestandteile ein – das alles in HTML und PHP. „Damit sind ja auch Internetseiten programmiert“, so Daniel Niehues.
Personalverwaltung im Intranet spart einiges
Anwesenheitslisten bei Übungen, Lehrgängen und Einsätzen, eine Lehrgangsverwaltung, allgemeine und individuelle Einsatzstatistiken, die Schutzausrüstung und die jeweiligen Prüftermine der Ausrüstung – all dies wird mit der Personalverwaltung abgebildet. Aber auch Reinigungs- und Imprägnierroutinen für die Einsatzkleidung: Vor und nach diesen Maßnahmen werden Barcodes auf der Kleidung eingescannt und damit die Vorgänge erfasst. „Inzwischen sind alle Feuerwehrkollegen in allen Löschzügen auf diese Weise erfasst. Und wie bisher schon beim Löschzug Dülmen Mitte sollen künftig alle Kameraden in allen Löschzügen einen persönlichen Zugang zu unserer Personalverwaltung bekommen“, so Daniel Niehues. Und auch die Materialverwaltung soll integriert werden.
Eine Software für andere Feuerwehren ist dies jedoch nicht: „Dafür ist die Programmierung zu sehr an die Dülmener Verhältnisse orientiert.“
Vorteil dieser digitalen Datenpflege: „Wir sparen jede Menge Papier, und Änderungen müssen auch stets nur an einer Stelle vorgenommen werden. Und: Die Verwaltungskollegen im Rathaus sind immer auf dem aktuellen Stand“, so Daniel Niehues. Zudem spart diese Verwaltung auch Zeit: „Nach den Einsätzen vermerken die Kameraden beispielsweise am PC im Gerätehaus, dass sie an dem Einsatz beteiligt gewesen waren. Das ist für jeden einzelnen eine Sache von fünf Sekunden“, so Daniel Niehues.
Digital erfolgt auch das Einsatzmanagement durch die Einsatzleitstelle in Coesfeld. Sie schickt die Einsatzinformationen auf die digitalen Funkmeldeempfänger, die die Feuerwehrkameraden stets bei sich tragen. Außerdem werden die Daten auf den großen Bildschirm in der Fahrzeughalle der Feuer- und Rettungswache und zugleich auf die Bildschirme geschickt, die in den Einsatzfahrzeugen über den Armaturenbrettern installiert sind. Zur Einsatzadresse wird auch eine Straßenkarte hinterlegt, ebenso sind aktuelle Straßensperrungen vermerkt. Abfahrt, Eintreffen am Einsatzort, Rückankunft, Besatzungsstärke auf dem Fahrzeug – für dies und mehr werden Schaltflächen auf dem Status-Monitor angezeigt, so dass damit auch ganz einfach Zeitstempel erfasst und Informationen an die Leitstelle weiterzugeben sind.
In acht beziehungsweise zehn Minuten am Einsatzort
„Das ist von Bedeutung im Zusammenhang mit den gesetzlich vorgeschriebenen Hilfsfristen“, sagt Hubert Sommer. „Innerhalb von acht Minuten im Stadtgebiet und innerhalb von zehn Minuten im Außenbereich müssen neun Feuerwehrleute am Einsatzort sein – gerechnet ab dem Zeitpunkt, an dem der Notruf in der Leitstelle angenommen wurde.“ Gerade einmal 40 bis 60 Sekunden Zeit hat dabei die Leitstelle, um die Alarmierung mit den dazugehörigen Informationen vorzunehmen.
Um diese Einsatzzeiten erreichen zu können, sind auch außerhalb der Gerätehäuser der einzelnen Löschzüge Feuerwehrfahrzeuge stationiert – so etwa bei der Firma Kordel. „Dort arbeiten mehrere Feuerwehrkameraden, die dann bei Einsatzalarmierung mit dem Feuerwehr-Geländewagen ausrücken können“, so Hubert Sommer.
Sowohl ihm als auch seinen beiden Stellvertretern ist die Gesundheit der Kameraden wichtig – ganz besonders auch mit Blick auf Corona. „Seit Ausbruch der Pandemie haben wir – gottlob – gerade einmal vier Infektionen in den Reihen unserer Feuerwehrkameraden gehabt“, zeigt Hubert Sommer auf. „Von daher waren wir immer sehr gut einsatzfähig.“
Dafür wurde aber auch einiges an Vorsichtsmaßnahmen getroffen. So gelangen in den Gebäudeteil, in dem sich die Feuerwache befindet, aktuell keine feuerwehrfremden Personen. „Wir haben inzwischen auch eine Trennung zwischen den Kollegen vom Rettungsdienst und den Kollegen von der Feuerwehr“, so Roland Strotmann. „Der Feuerwehr-Schulungsraum oben, in dem sonst auch größere Besprechungen stattfinden, wird momentan vom Rettungsdienst genutzt und ist von daher tabu für uns Feuerwehrleute.“
Theorie von Übungen über Videokonferenzen
Auch bei Lehrgängen und Übungen schlägt sich das Corona-Management nieder. „Die angefangenen Brandmeister-Lehrgänge finden weiter statt – allerdings in kleinster Runde. Ansonsten aber sind aktuell so gut wie alle Lehrgänge gecancelt. Und Übungen finden – was die Theorie betrifft – jetzt online über das Portal go to meeting als Videokonferenzen statt, und die praktischen Anteile gehen in kleinsten Gruppen, die sich über die Zeit hin gesehen auch untereinander nicht mischen, über die Bühne“, so Roland Strotmann. Nach einer mehrmonatigen Pause im vergangenen Jahr finden jetzt freilich wieder die Trainings der Atemschutzgeräteträger in der Atemschutzübungsstrecke statt. „Auf diese jährliche Auffrischung hat die Berufsgenossenschaft gedrängt.“
Dieser kleine Rahmen bei Übungen ist derweil gar nicht der schlechteste: „Wenn man in Kleinstgruppen trainiert, ist das einprägsamer, als wenn man in großen Gruppen ist“, sagt Hubert Sommer. „Diese Erfahrungen werden wir in Zukunft auch nach der Pandemie vor Augen haben und berücksichtigen, wenn wir Übungen planen.“