In der höchsten europäischen Football-Liga spielen: Check. Einen Touchdown beim ersten Einsatz als Passempfänger fangen: Check. Das Ganze dann noch live im deutschen Fernsehen vor den Augen tausender Menschen und vor rund 12.000 Zuschauern im Duisburger Statdion erreichen: Check. Was nach einem kleinen Sportmärchen klingt, ist für Leon Höltker aus Dülmen aktuell die Realität. Der 26-jährige Footballspieler wechselte im vergangenen Jahr von den Coesfeld Bulls aus der sechsten Liga in das Oberhaus der europäischen Footballszene, der European League Football (ELF), zu den aktuellen Champions Rhein Fire, und lebt dort seinen Traum.
„Das ist eine einmalige Chance und ich gebe alles, diesen Traum so lange es geht zu leben“, genießt Höltker jeden Moment, den er in seinem Herzenssport erleben darf. „Das bedeutet viel Arbeit, Demut, Geduld und den Willen, immer mehr zu wollen. Sei es bei zusätzlichen Krafttrainingseinheiten, dem Lernen von Spielzügen, die im Football für jedes Team im individuellen ‚Playbook‘ festgehalten sind, oder dem Perfektionieren von Laufwegen, dem sogenannten ‚Route-Running‘.“
Dabei investiert er einen Großteil seiner Freizeit und wechselt sogar während der laufenden Saison beruflich auf eine Teilzeitstelle, um den Fokus auf seinen Traum zu setzen. „Mein Arbeitgeber unterstützt mich dabei, wo er nur kann, damit ich mein Programm absolvieren und trotzdem noch meine acht Stunden Schlaf bekommen kann“, weiß der Bankkaufmann der VR-Bank Westmünsterland diese Flexibilität zu schätzen. Dass er am Wochenende überhaupt auf dem Platz stehen wird, ist dabei nicht einmal garantiert. „Jede Woche wird der Kader erneut bekanntgegeben, und ich hoffe jedes Mal, dass mein Name mit dabei ist“, erklärt der 26-jährige Wide Receiver. „Aber selbst wenn ich nicht auf meiner eigentlichen Position spiele, sondern mich beispielsweise bei den Special Teams beweisen kann, bin ich unendlich dankbar für jede Minute Spielzeit.“
Seit dem vierten Spieltag genießt Höltker einen Platz in der „Starting Rotation“, also in der Startaufstellung des Teams, und ist entsprechend immer wieder auf dem Feld im Einsatz. „Natürlich gibt es noch Luft nach oben, aber ich bin mit meiner Rolle im Team sehr zufrieden“, spielt Höltker auf seine Position im sogenannten „Depth Chart“ an, der sogenannten Rangordnung auf einer bestimmten Position im Football. „Das ist aber keine Garantie, da dort immer Bewegung durch Verletzungen und Ausfälle ist“, beschreibt er die Lage. Mittlerweile habe er festgestellt, dass das Mindset mindestens so wichtig ist wie die körperliche Fitness, verrät er. „Daran habe ich im letzten Jahr sehr viel gearbeitet und habe dabei gelernt, dass ich nicht alles kontrollieren kann und auch nicht muss, sondern nur meinen Teil dazu beitrage, mich in eine gute Situation zu bringen, indem ich alles, was ich beeinflussen kann, mit 100 Prozent angehe.“
In einem stetigen Prozess belohnt der Dülmener sich immer wieder selbst und nutzt die Chancen, die ihm geboten werden, um sich Schritt für Schritt weiterzuentwickeln. „Ich bin einfach nur dankbar für das Vertrauen des Coaching-Teams und die Rückendeckung der Mannschaft“, lobt er das gesamte Umfeld bei seinem aktuellen Verein. „Trotz des Konkurrenzkampfes sind wir ein echtes Team und freuen uns über die persönlichen Erfolge der anderen.“
Genau das konnte Höltker beim Spiel gegen die Cologne Centurions live erleben. Nachdem sein Team bereits eine komfortable Führung verbuchen konnte, wurde dem Dülmener die Chance gegeben, sich auf der Position des Wide Receivers zu beweisen. „Natürlich spürte ich am Anfang eine gewisse Nervosität und Anspannung, als ich aufs Feld durfte“, gibt Höltker offen zu. „Doch das legt sich immer mehr und es überwiegt der Spaß am Game.“ Nach ein paar Laufspielzügen über den Running Back kam der große Moment: Höltker lief eine tiefe Route und konnte sich so freilaufen, dass der Quarterback der Rhein Fire einen Passversuch startete. Der Dülmener schnappte sich das Ei und lief mit ihm bis in die gegnerische Endzone: Touchdown. „Ich habe mir immer vorgestellt, was ich in diesem Moment machen wollen würde“, lacht Höltker. „Aber als es plötzlich wahr wurde, war ich so im Tunnel, dass ich erstmal gar nichts gemacht habe.“ Erst als seine Mitspieler zu ihm rannten und mit ihm jubelten, realisierte der 26-Jährige, dass es sich bei diesem Moment nicht um einen Traum handelte.
Was er bis dahin nicht wusste: Bei der TV-Live-Übertragung von ProSieben MAXX sprachen die Kommentatoren über seine Personalie, und das Highlight-Video seines Touchdowns landete schnell auf sämtlichen Social-Media-Plattformen. „Ich habe bewusst nach dem Spiel nicht in die sozialen Medien geschaut, sondern erstmal mit dem Team und dann mit Freunden und Verwandten gemeinsam gefeiert.“ Grund dazu gab es nach dem Spiel genug. Nicht nur einen deutlichen Sieg, den ersten Touchdown seiner Karriere, sondern auch direkt noch einen zweiten konnte der Dülmener innerhalb eines Tages – sogar eines Viertels – live erleben. „Da will ich auf jeden Fall mehr von haben“, möchte Höltker weiterhin alles geben, um weitere solcher Momente zu bekommen. „Es ist jeden Tag ein ganzes Stück Arbeit, aber die macht sich am Ende bezahlt“, weiß er. So konnte er eine Woche nach dem Debüt als Wide Receiver erneut seine Einsatzzeit nutzen, um den nächsten und damit seinen dritten Touchdown zu fangen. „Natürlich profitiere ich aktuell von der überragenden Leistung des ganzen Teams“, spielt er auf die Möglichkeit des Trainers an, den Spielern, die im Depth Chart weiter unten sind, bei deutlichen Führungen Spielzeiten einzuräumen. „So habe auch ich die Chance, mich zu beweisen, meine Leistungen zu bestätigen und mich weiterzuentwickeln.“ Zwar konnte er im letzten Spiel nicht punkten, stand aber erneut auf dem Feld und konnte mit einigen „Catches“ seine Statistik weiter verbessern.
Höltker lebt seinen Traum und ist auf dem besten Weg, diesen weiter und größer zu träumen. Seit seinem Wechsel zum amtierenden ELF-Champion ging es für ihn immer weiter nach vorne. „Geduld, Disziplin und Wille zahlen sich aus“, blickt er auf die letzten Jahre zurück. „Ich bin einfach nur dankbar und gespannt, wie meine Zukunft in diesem unfassbar geilen Sport aussehen wird.“ Wir sind uns jedenfalls sicher, dass wir noch einiges von Leon Höltker hören werden.