Dülmen. Bessere Voraussetzungen hätte es in diesem Jahr für die Jubiläumsfeier des Anna-Katharinenstifts am vergangenen Samstag wohl kaum geben können. Nicht nur erlaubten es die Corona-Regeln, mit getesteten und geimpften Bewohnern, Mitarbeitern und Gästen draußen einen Gottesdienst und Festakt durchzuführen, sondern auch das Wetter spielte mit. Und für diejenigen, die nicht dabei sein konnten, wurde ein Lifestream ins Internet und auf die Fernseher in die Wohngruppen übertragen. Denn ein großes Ereignis wurde gefeiert: Vor 100 Jahren wurde das Anna-Katharinenstift Karthaus gegründet.
Passend dazu auch das Motto der Feierlichkeiten „100 Jahre – 100 Prozent“. „100 Prozent bedeutet für uns ganz sein und vollständig. Sich jedes Menschen annehmen und ihn so zu akzeptieren, wie er ist – das gilt für Bewohner genauso wie für Mitarbeiter. Unsere Arbeit ist von Menschen für Menschen“, erläuterte der Kaufmännische Leiter Josef Kuhlmann den Gedanken dahinter.
Natürlich hat sich die Einrichtung im Laufe der Jahre stark gewandelt, so wie sich auch die gesellschaftlichen Vorstellungen verändert haben. Außerdem sind auch viele Bereiche hinzugekommen. „Wer keine Vergangenheit hat, hat auch keine Zukunft. Wir blicken auf eine ereignisreiche Geschichte zurück“, sagte Kuhlmann, der auch die negativen Aspekte der Vergangenheit nicht leugnete.
Eine große Herausforderung stand auch in der jüngsten Vergangenheit an: die Corona-Pandemie. Während der langen Lockdowns litten die Bewohner sehr unter der Situation. „Sie waren isoliert von der so wichtigen Außenwelt. Aber auch für unsere Mitarbeiter war es schwierig“, so Kuhlmann. Umso mehr freut es alle Beteiligten, dass eine riesige Impfaktion durchgeführt werden konnte. An nur zwei Tagen wurden 1.150 Menschen geimpft.
Dülmen. Mit den zahlreichen Bewohnern und Mitarbeitern vor Ort freuten sich auch die eingeladenen Gäste. Bischof Dr. Felix Genn zeigte sich besonders beeindruckt von einer zuvor angefertigten Collage, die die verschiedenen Stationen der Anna Katharina Emmerick zeigte. Die Bundesvorsitzende der SkF Renate Jachmann-Willmer übergab zusammen mit ihrer Kollegin 101 Rosen – 100 für die vergangenen Jahre und eine für die Zukunft. Landrat Dr. Christian Schulze Pellengahr wünschte dem Anna-Katharinenstift auch für die nächsten 100 Jahre alles Gute.
Ein ebenfalls zukunftsgerichtetes Geschenk hatte Bürgermeister Carsten Hövekamp im Gepäck „Der Apfelbaum ‚Dülmener Rose‘ soll künftig Früchte tragen und den Menschen Schatten spenden“, hofft er. Hövekamp verriet außerdem, dass das Karthaus-Jubiläum voraussichtlich nicht der einzige 100. Geburtstag ist, den er in diesem Jahr feiern wird: Seine Großmutter wird im August ebenfalls 100 Jahre alt.
Immer wieder wurde bei der Feier die Inklusion betont, wie beispielsweise bei der Lesung in einfacher Sprache während des Wortgottesdienstes: „Jeder gehört dazu, jeder ist wichtig, jeder ist anders – aber ein Teil der Gemeinschaft.“ Für das musikalische Programm war Georg Breitkopf zuständig mit Unterstützung von mehreren Musikern und Sängern. Neben Stücken aus dem Anna-Katharina-Musical gab es auch einen extra für den Anlass geschriebenen Jubiläumssong. Außerdem trugen die Bewohner Wortbeiträge und Gedichte vor.
Auch die Mitarbeiter kamen zu Wort wie IT-Fachmann Georg Stirnberg, der vor 30 Jahren schon seinen Zivildienst im Anna-Katharinenstift absolvierte. „Viel hat sich seitdem verändert, wir sind breiter geworden und dezentraler auf viele Standorte verteilt. Auch wenn wir komplexer geworden sind, ist die Karthaus doch für jeden ein Stück Zuhause und Heimat.“ 670 Personen sind an der Karthaus beschäftigt – damit sind auf der Karthaus die Behinderten gemeint. Die nichtbehinderten Mitarbeiter werden Angestellte beziehungsweise Mitarbeiter genannt. Unter ihnen auch Auszubildende Marie, die hofft, auch nach ihrer Ausbildung weiterhin dort arbeiten zu können. Auf den Nachwuchs zu setzen ist auch der Schwerpunkt von Personalleiter Bruno Gerding: „Der Arbeitsmarkt ist sehr angespannt. Die große Herausforderung für die Zukunft wird es sein, weiterhin Menschen zu finden, die gut zur Karthaus und unserem Leitbild passen.“
Das große Highlight der Feier fand am Ende des Festaktes statt, denn da wurde die Statue der Anna Katharina von Mitgliedern des Bewohner-Beirats enthüllt. Geschaffen wurde sie von dem Düsseldorfer Künstler Bert Gerresheim. „Das Problem eines jeden Bildhauers ist immer, das äußere Erscheinungsbild und gleichzeitig aber auch die innere Persönlichkeit darzustellen. Ich habe mich also der Herausforderung gestellt und versucht, das Wesen von Anna Katharina zu erfassen“, so der Künstler. „Ich hoffe, Anna Katharina wird nicht nur als Namensgebern und Bildwerk gesehen, sondern auch als beeindruckende Person und Schwester in der Stunde der Not.“
Möglich wurde die Anschaffung durch viele Sponsoren, unter anderem die Sparkasse Westmünsterland. „Wir hoffen, dass viele Besucher oder auch Kunstinteressierte sich die Statue anschauen. Gleichzeitig war uns aber auch wichtig, dass sie anschaulich und wahrnehmbar für die Bewohner ist. Der Standort vor dem Haupteingang erschien uns da passend“, erklärte Josef Kuhlmann.
Auch wenn die Enthüllung das Ende des Livestreams und Festaktes darstellte, endeten die Feierlichkeiten für die Bewohner und Mitarbeiter damit noch lange nicht. Bis zum späten Nachmittag gab es noch mehrere interne Programmpunkte. Ein außergewöhnlicher Tag, nach einer langen Zeit der Corona-Entbehrungen.
Anna-Katharinenstift feierte großes Jubiläum
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