Dülmen. Als im Sommer mit der Gründungsversammlung von „Solawi Crowdsalat e. V.“ die Geburtsstunde der Solidarischen Landwirtschaft in Dülmen schlug, waren 33 Gründer dabei. Jetzt zählt der Verein bereits 80 Mitglieds-Haushalte mit insgesamt über 190 Personen. Diejenigen von ihnen, die Interesse an einem Ernteanteil haben, sind zu jetzt Samstag, 19. Februar, 15.30 Uhr, in die Reithalle des Welterhofs in Welte 21 eingeladen. FFP2-Maske und negativer tagesaktueller Corona-Schnelltest sind Pflicht – unabhängig vom Impfstatus. Es gibt Infos zum geplanten Gemüseanbau, zu weiteren Vorhaben – und alle, die im ersten Anbaujahr einen der vorgesehenen 60 Ernteanteile haben möchten, geben Gebote ab, was sie monatlich zahlen.
„Wir haben einen Plan für das Anbaujahr März ‘22 bis Februar ‘23 aufgestellt mit einem Finanzbedarf von monatlich knapp 6.000 Euro. Dadurch ergibt sich ein durchschnittlicher Beitrag für ein Ernteanteil von knapp 100 Euro“, erklärt Heike Engelmann, Mitglied im fünfköpfigen Vorstand des Vereins. „Der eine Ernteteiler, der mehr Geld hat, wird mehr zahlen, der andere, der über weniger Geld verfügt, zahlt weniger als diese knapp 100 Euro pro Ernteteil.“ Unterm Strich gilt es, dass die Sach- und Personalkosten ganz solidarisch gedeckt werden.
Sollte am Samstag dieses Finanzvolumen bei der ersten Bieterrunde nicht zusammenkommen, gibt es noch ein oder mehrere weitere geheime Bietrunden, bei denen noch einmal abgefragt wird, wie viel jeder einzelne bezahlen würde.
„Unser Ziel ist, dass wir hier in Welte mit einem möglichst kleinen CO2-Abdruck umweltfreundlich, regional und bodenschonend Bio-Gemüse anbauen – in jeder Hinsicht enkeltauglich“, so Heike Engelmann, die vergangenen Samstag beim dritten Mitmachtag auch Hand anlegte. Es galt, auf den mehrere hundert Quadratmeter großen Flächen auf dem Welterhof – es steht darüber hinaus auch eine rund 10.000 Quadratmeter große Ackerfläche zur Verfügung – den bisherigen Bewuchs wie Ampfer, Quecken oder auch Hahnenfuß nebst Wurzeln zu entfernen und auf abgesteckten Reihen Pferdemist und Humus zu verteilen. Aktiv dabei auch Brigitte Laermann, die zu Hause auf dem Quellberg einen Ziergarten hat. „Es macht Spaß, hier mitzumachen, mit anzupacken und zu helfen, dass das Projekt gut anläuft“, sagte die Dülmenerin mittags, als sich die Aktiven mit Suppen und Kuchen stärken konnten.
Entstanden ist die „Solawi Crowdsalat“ aus den Initiativen „Coesfeld for future“ und „DüNaMi“ – Dülmen Nachhaltig MitMachen. Dementsprechend kommen die Mitglieder, die jeweils 24 Euro Jahresbeitrag zahlen, etwa je zur Hälfte aus Coesfeld und Dülmen. Für sie ist der Standort Welte für den nachhaltigen Gemüseanbau gut geeignet – nicht zuletzt, weil er ziemlich zentral liegt, direkt neben dem Naturschutzgebiet Welter Bachauen.
Gut geeignet auch, weil Sebastian und Sophie Löbbering, die auf dem Welterhof wohnen, Spaß an dem Projekt haben und sich schon länger mit der Thematik „Solidarische Landwirtschaft“ befassen. Und so war auch Sebastian Löbbering – beruflich ist der 28-jährige Bauingenieur in einem Statikbüro als Tragwerksplaner tätig – am Samstag beim Mitmachtag aktiv. Zusammen mit Christoph Matthias, der dabei ein Maßband zu Hilfe nahm, machte er sich unter anderem Überlegungen, wie der Gemüseanbau mit mehreren Dutzend Gemüsesorten und teilweise Setzlingen von den Werkstätten Karthaus konkret laufen wird.
Denn: Christoph Matthias ist künftig Chef des Gärtnerteams. Aktuell und die nächsten anderthalb Jahre schafft sich der 30-Jährige in Kleve bei seiner Meisterschule hin zum Öko-Landwirtschaftsmeister noch weiteres Wissen drauf.
Die Weichen für ein fachkundiges Team sind also gestellt, denn bei der „Solawi Crowdsalat e. V.“ haben diejenigen Mitglieder, die wöchentlich Teile der Ernte erhalten, keine Verpflichtungen, mit Hand anzulegen. Mit den monatlichen Zahlungen für ihren Ernteteil ist alles abgegolten, denn die angestellten Profis kümmern sich um das operative Geschäft. Wer darüber hinaus mit Hand anlegen möchte, ist aber natürlich herzlich willkommen. „Von Seiten des Vereins werden wir weiterhin aktiv sein – mit Aktionen und etwa Bildungsangeboten. Wir haben einiges an Ideen“, kündigt Heike Engelmann an.
Wie die übrigen Akteure investierte sie manch eine Stunde ihrer Freizeit für das Projekt – auch am Schreibtisch. Etwa für einen Antrag auf Landesgelder im Rahmen des Förderprogramms Vital NRW: Nachdem der Verein 4.000 Euro an Eigenmitteln rekrutiert hatte, erhielt er insgesamt 16.000 Euro vom Land für seine Aktivitäten, CO2-Ausstoß zu reduzieren. „Von dem Geld haben wir einen großen Folientunnel angeschafft, aber auch Sitzgelegenheiten und weitere Dinge, die wir benötigten“, erklärt die 51-Jährige.
Wie wichtig Klimaschutz ist, sei ihr und anderen Aktiven von „Coesfeld for future“ noch einmal sehr deutlich geworden, als sie im Sommer im Ahrtal den Hochwasseropfern geholfen hat. „Wir müssen einfach etwas fürs Klima tun“, sagt sie. „Und auch, wenn ich weiß, ich kann die Welt nicht retten: Am Ende des Tages möchte ich in den Spiegel schauen und sagen können, zumindest einen Teil zum Guten beigetragen zu haben.“
So denken auch viele andere, die der Sache positiv gegenüberstehen wie etwa die Dülmener DüNaMi-Mitglieder Mechthild Neuhaus-Overbeck, ihr Mann Günther Overbeck sowie Ruth Dördelmann und Rainer Timmermann, die am Samstag einen Abstecher zum Welterhof machten.
Der wird künftig für viele wöchentlich das Ziel sein, denn ab etwa Mai können die Ernteteile in Welte 21 abgeholt werden. „In Coesfeld werden wir aber vermutlich auch im Unverpackt-Laden eine Abholstelle einrichten – und in Dülmen wird es ja ebenfalls einen Unverpackt-Laden geben“, so Heike Engelmann.
Übrigens: Für die 60 Ernteanteile, die die „Solawi-Crowdsalat“-Mitglieder jetzt im ersten Anbaujahr zeichnen können, haben bis jetzt 67 potentielle Bieter Interesse bekundet – teilweise für halbe Ernteanteils. In den kommenden Jahren könnte sich die Zahl der Ernteanteile weiter erhöhen.
Weitere Infos: www.crowdsalat.eu, auf Facebook und auf Instagram.