Dülmen (lr). Neugierig schauen die Alpakas nach oben bei einem Anblick eines Besuchers. Das heißt aber nicht, dass sie auf Streicheleinheiten warten, denn die Tiere sind eher zurückhaltend. Gerade das kann aber im Umgang mit Menschen spannend und auch lehrreich sein, findet Elena Brox. Die Sozialarbeiterin bietet mit den Alpakas und ihrer Hündin Lotta unter dem Namen TGI Austerhook eine tiergestützte Intervention in Börnste an.
Schon ihr ganzes Leben lang hat die Dülmenerin Kontakt zu Tieren, ist mit ihnen aufgewachsen. Auch während ihres Sozialarbeit-Studiums war ihr klar, dass sie zukünftig mit Tieren arbeiten wollte. Einige Jahre nachdem sie mit ihrer Arbeit in der stationären Kinder- und Jugendhilfe anfing, legte sie zusätzlich eine Weiterbildung als Fachkraft für tiergestützte Therapie und Intervention. Im Rahmen dieser Fortbildung bekam sie ihre Hündin Lotta und die Aufgabe, Lotta selbst auszubilden. Mit Lotta besuchte Elena Brox dann auch öfters die Wohngruppe, in der sie arbeitet.
Auf Dauer wollte die 27-Jährige ihre Tätigkeit aber noch ausweiten mit einer weiteren Tierart, die ein anderes Verhalten aufweist. Warum sind es gerade Alpakas geworden? „Alpakas sind ruhig und ausgeglichen aber auch charakterstark. Anders als Hunde oder Pferde sind sie Distanztiere und es ist spanned, bei der Arbeit mit ihnen ihre Grenzen zu akzeptieren. Die Alpakas wollen nicht direkt kuscheln“, beschreibt Elena Brox die Tierart. Mit einigen Kindern der Wohngruppe hat sie bereits die Alpakas besucht und gemeinsam wurden dann passende Parkours aufgebaut oder Spaziergänge durch den angrenzenden Wald unternommen.
Seit kurzem bietet Elena Brox nun auch freiberuflich die tiergestützte Intervention unter dem Namen TGI Austerhook an. Prinzipiell kann dieses Angebot von jedem genutzt werden. „Vor allem richte ich mich damit aber an Kinder und Jugendliche, die von dem Kontakt mit der Natur und den Tieren profitieren können. Das kann beispielsweise helfen, wenn die Kinder traumatische Erfahrungen gemacht haben, Grenzen einmal anders erlernen sollen oder allgemein um Sozialkompetenzen zu fördern“, erläutert die Dülmenerin. „Auch für Menschen mit Behinderung ist die tiergestützte Intervention geeignet.“ Nicht nur Kinder und Jugendliche können etwas von den pelzigen Vierbeinern lernen, sondern auch Familien und dadurch ihr Zusammenleben verbessern. „Wie kommuniziere ich eigentlich? Und wie wirkt sich das auf das Tier oder auf den Menschen aus? Das sind Fragen, die man sich im Umgang mit den Alpakas stellt und dadurch auch das eigene Verhalten reflektiert“, sagt Brox. Achtsamkeit und Entspannung sind weitere positive Nebeneffekte des Umgangs.
Wenn man die Alpakas eine Weile beobachtet, wird schnell ein Herdenverhalten und eine Rangordnung sichtbar. Im Umgang der Tiere untereinander sieht man auch direkt ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten. „Berni ist der jüngste und frech, aber auch intelligent und zutraulich. Josef ist hingegen sensibler. Wendelin ist der Chef der Herde und spuckt am meisten. Wum möchte nur ungern angefasst werden“, beschreibt die Dülmenerin ihre kleine Alpaka-Gruppe. Die Unterschiede nutzt sie zu ihrem Vorteil und setzt je nach Klient das passende Tier ein.
Eine Herausforderung für die Dülmenerin war es, zu lernen, wie ihre eigenen Tiere im Umgang mit den fremden Menschen reagieren. „Was mache ich, wenn sie nicht dafür geeignet sind, habe ich mich im Vorfeld gefragt. Schließlich müssen die Tiere auch robust sein und Trubel und Lautstärke vertragen können“, hatte Elena Brox zunächst Bedenken, die sich nach den ersten Kontakten aber schnell in Luft auflösten. In Zukunft bekommt die Alpaka-Gruppe vielleicht noch Zuwachs. Auf Dauer könnte sich die 27-Jährige auch vorstellen, Hühner in ihr Programm mit aufzunehmen.
Aktuell sind die vier Alpakas auf dem Gelände ihrer Eltern in Börnste untergebracht. Da ihre Familie Elena Brox in ihrem Vorhaben unterstützt, können ihre Eltern in der Versorgung der Tiere auch mal einspringen. Normalerweise fährt die 27-Jährige aber selbst jeden Tag zu den Alpakas. Der Standort soll auch nur vorübergehend sein. Schon bald hofft die Sozialarbeiterin auf einen Umzug der Tiere innerhalb von Börnste. Daher kommt übrigens auch der Name für ihre freiberufliche Tätigkeit – Austerhook ist ein Teil von der Bauerschaft Börnste.
Die Arbeit mit den Tieren ist für sie nicht nur Arbeit, sondern auch Hobby. „Mir gefällt, was Tiere bei Menschen auslösen und bewirken können. Manchmal ist der Kontakt zu Tieren einfacher als zu anderen Menschen. Sie nehmen einen so, wie man ist und können Trost spenden“, nennt sie weitere Vorteile. Weitere Informationen auf www.tgi-austerhook.de.