Dülmen. Wenn am heutigen Mittwoch um 9.30 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche eine besondere heilige Messe gefeiert wird, dann aus gutem Grund. Denn heute vor 100 Jahren taten sich in Dülmen sechs Frauen zusammen, um sich auf dem Feld der Gefährdetenfürsorge zu engagieren. Sie gründeten den „KFV – Katholischer Fürsorgeverein für Mädchen, Frauen und Kinder“ und damit den Vorgänger vom heutigen Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Dülmen (SkF). Aufgabe des Vereins war, Vormünderinnen für die Bewohnerinnen der Karthaus zu gewinnen. Erste Vorsitzende des Vereins wurde Marta Hackbram.
Auf der Karthaus hatte Agnes Neuhaus, die sich politisch für die Emanzipation der Frau einsetzte und 1899 in Dortmund den Katholischen Fürsorgeverein für Frauen und Kinder gegründet hatte, in der alten Zuckerfabrik ein „Heim für arbeitslose und gefährdete oder straffällig gewordene Mädchen“, das Anna-Katharinenstift, gegründet. Bei den Personen, die aus Westfalen, aus dem Rheinland und aus anderen Regionen stammten und ins Anna-Katharinenstift kamen, handelte es sich um Mädchen und Frauen, die den damaligen Vorstellungen bürgerlicher Weiblichkeit nicht entsprachen – beispielsweise, unverheiratet Mutter zu werden. Ihnen sollte auf der Karthaus eine Existenz und ein Auskommen ermöglicht werden. Und für die Mädchen dort suchte man nach ehrenamtlichen Vormündern. 1928 lebten auf der Karthaus rund 120 Mädchen und Frauen, die teilweise auch psychische und teilweise auch geistige Einschränkungen hatten.
Während der Zeit des Nationalsozialismus konnte der Fürsorgeverein unterm Dach der Kirche seine Arbeit fortführen – allerdings „mit verdeckter Laterne“, wie es Marianna Elsbernd, die erste Vorsitzende des Vereins nach dem Zweiten Weltkrieg – sie übte das Amt 30 Jahre aus –, mal ausdrückte.
Und so hat der Verein 1945, zum Ende des Kriegs, noch zwölf Mitglieder. In den 1950er Jahren verhalfen die zusätzlich gewonnenen Vormünderinnen hungernden Kindern zu Aufenthalten bei Bauern.
1967 stellt der Verein mit Ursula Kortemme die erste hauptamtliche „Fürsorgerin“ für den „Allgemeinen sozialen Dienst“ ein. Sie und der gewählte Vorstand Marianna Elsbernd, Hildegard Lemmen und Irmgard Schleiner bauen den Verein weiter auf, der mittlerweile 17 Mitglieder hat. Das erste Büro entsteht. Adresse: Bült.
1968 erfolgt die Änderung des Vereinsnamens in „Sozialdienst katholischer Frauen e. V. Dülmen“, 1971 delegiert der Kreis Coesfeld (1983 auch die Stadt Dülmen) den Pflegekinder- und Adoptionsdienst an den SkF, bei dem sich schwerpunktmäßig hauptamtliche Kräfte dieser Arbeit annehmen. 1978 wird der SkF als Adoptionsvermittlungsstelle anerkannt, 1982 wird die Schwangerenkonfliktberatungsstelle eröffnet und der „Babykorb“ mit zehn ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen gegründet. 1991 eröffnet der SkF das erste Frauen- und Kinderschutzhaus im Kreis Coesfeld; es wird in die Landesförderung aufgenommen. 1992 geht die Vormundschaftsarbeit des SkF in den neu gegründeten Betreuungsverein über. 1994 zieht der SkF in das neue Caritashaus am Mühlenweg 88 um. 1995 überträgt die Stadt Dülmen den Bereich „Kindertagespflege“ an den SkF. 2004 wird der SkF Träger der „Offenen Ganztagsgrundschule“ an der Augustinus-Grundschule, und mit Monika Schulz-Wehrmeyer bekommt der SkF erstmals eine hauptamtliche Geschäftsführung. 2011 wird der Fachbereich „Vormundschaften für Minderjährige“ eingerichtet. 2015 engagiert sich der SkF stark in der Flüchtlingshilfe und bei der Projektentwicklung für das IGZ (Intergenerative Zentrum) in Dülmen (heute einsA). 2020 erhält der SkF vom Landschaftsverband die Anerkennung für die Begleitung und Beratung von behinderten Pflegekindern.
2022 zählt der SkF Dülmen 167 Ehrenamtliche, 120 Mitglieder und 45 hauptamtliche Kräfte.