Dülmen. Die Stadt Dülmen stellt den Antrag auf ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren zum Zustand der Bahnhofs-Brücke. Diese Entscheidung gab Bürgermeister Carsten Hövekamp am Dienstagabend im Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung bekannt. Bedeutet konkret: Ein vom Landgericht Münster bestellter Sachverständiger wird die Bahnhofsbrücke untersuchen und Beweise sichern. Seine Beurteilung wird eine Tatsachenfeststellung über den Zustand der Brücke und einen ermittelten Streitwert beinhalten. Die Stadt möchte damit auf der einen Seite ihre Ansprüche gegenüber dem Hersteller auch gerichtlich feststellen lassen und gleichzeitig zumindest die Chance wahren, einen möglicherweise Jahre lang dauernden Rechtsstreit zu vermeiden.
„Die Einholung eines rechtssicheren Gerichtsgutachtens ist der folgerichtige Schritt, denn der Unternehmer hat in den vergangenen Wochen und Monaten leider wenig Bereitschaft zur Kooperation oder zur erfolgreichen Realisierung des Projektes erkennen lassen“, sagt Stadtbaurat Markus Mönter. Anfang des Jahres hatte ein von der Stadt Dülmen beauftragter Gutachter mit Hilfe einer Ultraschall-Untersuchung Auffälligkeiten an den Schweißnähten der Brücke festgestellt. Die Stadt forderte daraufhin den Hersteller auf, die Fehler zu überprüfen und zu beheben. Dieser Aufforderung kam das Unternehmen innerhalb der gesetzten Frist jedoch nicht nach.
Da die Stadt die Brücke aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse nicht einheben kann, ist der geplante Termin am 24. Juni 2022 nicht zu halten. Damit steht auch fest, dass die Fußgänger- und Radfahrbrücke nicht bis November 2022 fertig gestellt wird. Dies ist der vom Fördergeber festgelegte Zeitpunkt, bis zu dem wesentliche Bausteine des Bahnhof-Neubaus, die über das Programm „Kommunaler Klimaschutz.NRW“ gefördert werden, abgeschlossen sein müssen. Hierzu zählt auch das Brückenprojekt. Die Stadt Dülmen steht zur Frage der Fördermittel in Gesprächen mit der Bezirksregierung Münster als zuständige Förderstelle.
Weitergehende Erläuterungen zum Verfahren:
Bei dem selbstständigen Beweisverfahren handelt es sich um die Vorwegnahme der gerichtlichen Beweisaufnahme. Es ist in §485 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Das Gericht kann auf Antrag hin einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen benennen, der sodann die gestellten Beweisfragen – etwa zur Frage des Vorliegens von Mängeln, deren Behebbarkeit, damit verbundenen Kosten usw. – beantwortet. Ein derartiges Gutachten hat dann Gültigkeit wie bei der Feststellung durch einen Richter, während ein Privatgutachten vom Gegner bestritten werden kann wie jeder andere Vortrag einer Partei auch.
Der Vorteil besteht zum einen in einem im Idealfall schnellen Ablauf, der allerdings von einigen Faktoren abhängt (Verfügbarkeit eines entsprechenden Gutachters, Erstellungszeit usw.). Zudem kann ein eindeutiges Ergebnis dazu führen, dass langwierige Hauptprozesse nicht notwendig sind, wenn zentrale Fragen bereits durch das Gutachten geklärt sind.