Dülmen. Ein Vierteljahrhundert ist es her, dass eine engagierte Frau eine Vision hatte, die anfangs von vielen belächelt wurde und sich dieser Kritik zum Trotz zu einer Unternehmerin auf stetigem Erfolgskurs und mit beachtlichem internationalem Ansehen etablierte.
Beatrix Schulte Wien, gelernte Physiotherapeutin, Osteopathin sowie Manualtherapeutin und zugleich Pferdenärrin hatte 1996 die Idee, die durch die Physiotherapie und Osteopathie wiederhergestellte Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers auf das Pferd zu übertragen. Sie lud ihren belgischen Kollegen Pascal Evrard zu einer Pferdebehandlung ein. Die Parallelen waren sofort erkennbar, aber auch, dass eine seriöse Behandlung eines Tieres nur auf der Grundlage intensiver Kenntnisse der Anatomie, Physiologie, Neurologie und Biomechanik erfolgen konnte. Durch das Fehlen einer staatlichen Regulierung und somit geschützten Berufsbezeichnung waren viele tierschutzrechtlich fragwürdige Behandlungsmethoden von Einrenkern, Knochenbrechern, Bonesettern und so weiter im Umlauf.
Die Vision nahm Form an, ein zweijähriges Schulungskonzept wurde unter Einbindung der Dozentinnen Dr. Ina Gösmeier und Gudrun Potthink entwickelt, und ein passender Ort zum Lehren und Lernen war ebenfalls schnell gefunden: der private Hof von Beatrix Schulte Wien in Dülmen. So kam es, dass am 21. September 1997 19 Teilnehmer – allesamt Tierärzte, Ärzte oder Humanphysiotherapeuten – im Wohnhaus der Unternehmerin saßen und per Simultanübersetzung Pascal Evrards Unterricht folgten. Dieser sprach nämlich kein Deutsch und seine Skripte kamen immer in letzter Minute, so dass diese in Windeseile übersetzt und mit den damaligen technischen Möglichkeiten langwierig über Nacht kopiert werden mussten.
Mit Prof. Dr. Horst Wissdorf, seinerzeit Leiter der Abteilung Embryologie und angewandte Anatomie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, wurde einer der größten Skeptiker zum Mentor, Querdenker und Förderer des DIPO. Die Qualität der Weiterbildung hat ihn überzeugt und er hat – insbesondere in Zusammenarbeit mit Dr. Dagmar Rümens, einer Wegbegleiterin der ersten Stunde – den Anatomie-Unterricht auf ein Niveau gehoben, wie es kaum eine andere Fortbildungseinrichtung bieten kann.
Aus 19 Absolventen im Jahr 1999 sind mittlerweile über 2.000 geworden. Aus einem Kurs in Dülmen, über 250 an vier Standorten in ganz Deutschland. Dass das Wohnhaus dieser Entwicklung nicht mehr Rechnung tragen konnte, war schnell abzusehen. Bereits im Frühjahr 2020 wurde der ehemalige Pferdestall in ein Seminargebäude umgebaut. 2016 folgte der Ausbau eines zweiten Raumes im angrenzenden Gebäude und die Errichtung von Parkflächen. Doch auch das reicht heute nicht mehr, um der Nachfrage gerecht zu werden. Umgehend nach der Jubiläumsfeier am 18. Juni folgt der nächste Umbau. Ab 2023 stehen dann vier Seminarräume, ein großer Gemeinschaftsraum und ein doppelt so großer Parkplatz zur Verfügung.
Der Mut Visionen umzusetzen hat sich für Beatrix Schulte Wien ausgezahlt. Mittlerweile 70 Jahre alt, hat sie die betriebswirtschaftliche Geschäftsführung im letzten Jahr an ihren Sohn, Dr. Josef Langenberg, übergeben. Die fachliche Geschäftsführung wird sie aber auch die nächsten Jahr(zehnt)e mit viel Leidenschaft führen. Ihr besonderes Engagement gilt dabei den Themen Sattel und Klimaschutz. Die Sattelkunde für Reiter und Therapeuten, welche sowohl die Gesundheit des Pferdes als auch des Reiters betrachtet, ist eine Herzensangelegenheit, die sie sowohl in Seminaren als auch literarisch vermittelt.
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