Dülmen/Haltern. Schon lange steht der heutige Termin bei André Fauler im Terminkalender: „Claudia, Mitarbeiterin in unserem Küchenteam, hat am 2. März ihr 30-jähriges Dienstjubiläum. Natürlich wird das gewürdigt“, sagt der Dülmener, der selber erst seit gut zweieinhalb Jahren im 34-köpfigen Team der Jugendbildungsstätte Gilwell St. Ludger mitarbeitet – mit einer halben Stelle als Geschäftsführer. Mit einer zweiten halben Stelle ist er seitdem auch Geschäftsführer des Pfadfinderverbands im Bistum Münster in der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) mit 9.500 Mitgliedern.
„Die beiden Stellenangebote standen als Anzeige in der Zeitung. Da habe ich es gesehen“, berichtet André Fauler. Er bewarb sich und erhielt die beiden Geschäftsführer-Stellen, bei denen es viel um Zahlen und Menschen geht.
Das konnte und kann André Fauler: „Seit meiner Bundeswehrzeit Mitte der 90er Jahre bin ich beruflich im Thema Personal unterwegs“, sagt der Staatlich geprüfte Betriebswirt. Zuletzt leitete er in Münster die Niederlassung eines Personaldienstleisters. Mit vielfältiger Vermittlungstätigkeit. So vermittelte er beispielsweise ganze Operationsteams inklusive ärztlichem Personal an Krankenhäuser, die in ihren OPs noch Kapazitäten frei haben. Ebenfalls – im weiteren Sinne – mit Personal zu tun hat André Fauler im Schützenverein Kohvedel. Da ist er Hauptmann im Offizierscorps und aktuell Ehrenherr im „Ewigen Thron“, wie er schmunzelt – und war 1999/2000 Kohvedel-Jungschützenkönig. Und bei der TSG trainiert er die unter-zwölfjährigen Mädchen und Jungen (U12) in der Leichtathletik.
Und das Pfadfinderwesen? Er selber war in seiner Jugend nie Pfadfinder. Aber Sohn Jendrik ist Mitglied im Pfadfinderstamm Heilig Kreuz in Dülmen – und Vater André ist seit sechs Jahren im Elternbeirat. Da war das Thema Pfadfinder für André Fauler bekannt.
In Haltern kann André Fauler auf 34 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bauen, die teilweise schon seit Jahrzehnten mit dabei sind. Sei es im elfköpfigen Küchenteam, sei es im Reinigungsteam oder im technischen Bereich. Auch zwei integrative Kräfte zählen zum Gesamt-Team.
Zu tun gibt es immer etwas. „2019 hatten wir rund 25.000 Übernachtungen – oder, anders gesagt: 10.000 Gäste hatten wir 2019“, so André Fauler. Dazu zählen seit Jahren Schülerinnen und Schüler der dritten und vierten Jahrgangsstufe der beiden Standorte der Anna-Katharina-Emmerick-Grundschule und der Paul-Gerhardt-Schule in Dülmen.
Kein Wunder, denn die Möglichkeiten, die die Jugendbildungsstätte Gilwell St. Ludger bietet, sind vielfältig: Verteilt auf drei Gebäude, können dort 135 Personen nächtigen – und vor allem die Georgshütte, die dank Industrie-Küchen-Ausstattung für Selbstversorgung geeignet ist, ist auf zwei Jahre ausgebucht. Wobei die Hauptküche aber auch sie versorgen kann: Sie ist in der Lage, binnen zwei Stunden bis zu 500 Personen zu beköstigen, was besonders dann zum Tragen kommt, wenn auch die drei Zeltplätze, die allesamt über eigene sanitäre Anlagen verfügen und insgesamt für bis zu 300 Zelter Platz bieten, gut belegt sind.
So haben sich für Ende März auch 300 Pfadfinder zu einem Kennenlern-Wochenende angemeldet im Vorfeld der Irland-Pfadfinderlager, bei dem die Pfadfinder aus den verschiedensten Stämmen des DPSG-Diözesanverbands im Sommer eine Woche zusammen mit irischen Pfadfindern und eine Woche für sich in Irland unterwegs sind. „Aber auch die IG BCE-Jugend oder die Grüne Jugend sind bei uns zu Gast – und alle fünf Jahre die ,Blue Knights‘. Dann sind 200 pensionierte Polizisten mit ihren Motorrädern bei uns und eine Woche lang im Münsterland unterwegs“, so André Fauler.
Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Kapelle der Jugendbildungsstätte: „Es gibt Zeiten, in denen sie von 17 bis 20 Uhr von verschiedenen Gruppen nacheinander genutzt wird“, so André Fauler. So unter anderem bei Tagen religiöser Orientierung. Bis zur Einweihung 2018 des jüngsten Neubaus mit dem 146 Quadratmeter großen Saal, der „Lord Robert Hall“ – benannt nach dem Gründer des Pfadfinderwesens Robert Baden-Powell – „fanden hier in der Kapelle auch die Diözesan-Pfadfinderversammlungen statt“, so André Fauler.
Aber auch ganz weltlich geht es in der Jugendbildungsstätte zu: „Wir bieten verschiedene pädagogische Programme an wie etwa ,Ronja und Birk‘ oder auch ,Römer‘ – mit Tunika-Schneidern und Standartenbau“, zählt André Fauler auf. Dabei kümmern sich Teamer – häufig Studierende – um die Gruppen.
Dass alle überall sicher unterwegs sind, ist viel zu bedenken. So die Verkehrssicherheit des Baumbestands. „Da hat Stefan Kleine Bley, unser Technischer Leiter, einen strengen Blick drauf. Bäume direkt an den Gebäuden werden von Fachfirmen gepflegt – um die übrigen Bäume kümmern wir uns selber.“ Ein erfolgreiches Vorgehen: „Bei den jüngsten Stürmen haben unsere Häuser keinen Schaden genommen. Und die Bäume, die ansonsten auf unserem 20.000-Quadratmeter-Gelände Sturmopfer wurden, verarbeiten wir zu Brennholz für die Lagerfeuer.“
Auch Eichen zählen zum Baumbestand: „Wir haben 60 Vogelkästen gebaut und in die Bäume gehängt – für Meisen, die die Eier der Eichenprozessionsspinner fressen“, so André Fauler. Auch hängen Sammelringe und Sammeltüten an den Baumstämmen. „Bei der Bekämpfung der Raupen unterstützen uns zudem Fachfirmen mit Hubsteigern und spezieller Ausrüstung“, so André Fauler.
Die Lockdowns führten zu massiven Umsatzrückgängen
An den 13. März 2020 erinnert sich André Fauler noch wie gestern: „Da bekamen auch wir die Hiobsbotschaft: Corona-Lockdown. Alle Gäste hier mussten abreisen“, erinnert sich der Geschäftsführer der Jugendbildungsstätte Gilwell St. Ludger des DPSG-Diözesanverbands Münster.
Das Thema Corona schlug auch hier voll ins Kontor: „Von März 2020 bis nach den Sommerferien 2021 hatten wir keine Schulklassen hier. Statt sonst 25.000 Übernachtungen im Jahr hatten wir 2020 nur 5.800 Übernachtungen, und auch im aktuellen Jahr haben wir bei weitem keine Vollbuchung.“
80 Prozent Finanz-Unterdeckung war die Folge des ersten Corona-Jahrs. „Wir haben alle Stellen für Unterstützungs- und Entschädigungszahlungen angezapft, das Kurzarbeits-Programm genutzt – und wir haben alle Investitionen, die nicht unbedingt notwendig waren, gestoppt“, so André Fauler. So konnte die Bildungsstätte über Wasser gehalten werden. „Wir haben überlebt“, meint André Fauler. Allerdings waren auch die Lieferanten betroffen: „Wir beziehen den Lebensmittel-Bedarf hier von vor Ort – von Landwirten, vom örtlichen Getränkehandel und von einer örtlichen Metzgerei. Die spürten also auch die Corona-Ausfälle.“
Um allen mehr Platz auch für Sicherheits-Abstände zu ermöglichen, wurden in der Corona-Zeit große Vordächer vor der Kapelle und auch am Haus St. Ludger vor dem Speiseraum aufgehängt. „So konnte man sich gut im Freien aufhalten, ohne nass zu werden“, so André Fauler. Auch für die Zukunft sollen die Vordachzelte weiterhin in der wärmeren Zeit des Jahres aufgebaut sein – aufgrund auch der allgemeinen positiven Erfahrungen.
Insgesamt sorgte und sorgt Corona für zusätzlichen Aufwand: „Außerhalb von Corona bietet unser Speiseraum 120 Personen Platz. Wegen Corona sollen sich die Gruppen nun möglichst nicht mischen – also gehen die Essenszeiten jetzt in bis zu drei Schüben nacheinander über die Bühne. Das bedeutet puren Stress für unsere Küche“, so André Fauler, der in der Corona-Zeit zahlreiche Anrufe erhielt: „Es waren offiziell ja keine schulischen Abschlussveranstaltungen vorgesehen. Eltern beispielsweise von Viertklässlern fragten dann bei mir an, ob sie nicht wenigstens bei uns zelten können. Und so haben verschiedene Klassen und Jahrgangsstufen privat ein Abschieds-Zelten bei uns veranstaltet“, so André Fauler.
Was die Zukunft angeht, ist André Fauler optimistisch: „Die Buchungen für 2023 sehen schon ganz gut aus.“ Allerdings sieht er Herausforderungen für die Bildungsstätte – vor allem finanzieller Art: „Unser Trecker hat eine kaputte Fronthydraulik, einen Schaden an der Vorderachse und auch im Schaltgetriebe – da steht uns eine Ersatzanschaffung mit Investitionen von 20.000 Euro ins Haus. Außerdem würden wir für unser Beachvolleyballfeld gern neuen Sand anschaffen. Vielleicht gibt es ja für die 50 Tonnen einen Sponsor?“
Ebenfalls ist er auf der Suche nach einem Nachnutzer für die zehn Meter hohe Kletterwand – ihr Unterhalt, die regelmäßigen Sicherheitsprüfungen und die Schulungen für die Betreuer gehen ins Geld. Interessenten erreichen ihn unter Telefon (02364) 93890.