Dülmen. Die Adventszeit ohne das gemeinsame Backen mit den Freunden aus Berufsschultagen? Für den gebürtigen Dülmener Alexander Vogt, der seit langem in Frankfurt lebt, kaum vorstellbar: „Für mich beginnt mit dem Backen Weihnachten.“ Seit 35 Jahren lädt er nach Dülmen zum nachmittäglichen Adventsbacken ein, dem sich zum Abend hin Feuerzangenbowle, das Vorlesen einer Weihnachtsgeschichte, das Anschauen des Filmklassikers „Der kleine Lord“ und Schrottwichteln anschließt.
„Beim ,Kleinen Lord‘ sprechen wir bestimmte Textpassagen auswendig mit“, schmunzelt Alexander Vogt. „So, wie es auch in Münster in den Hörsälen war, als im Advent ,Die Feuerzangenbowle‘ mit Heinz Rühmann gezeigt wurde.“
Das sind Erinnerungen, die die meisten Teilnehmenden der adventlichen Backevents von Alexander Vogt teilen. „Ich hab damals eine Ausbildung bei der Dresdner Bank gemacht. Ausbildungskollegen von dort und weitere Mitschülerinnen und Mitschüler von der Berufsschule in Münster – wir wurden zu einer Clique, hauten die Essensgutscheine in der Pizzeria ,La Torre‘ in Münster auf den Kopf – und wir begannen mit dem Adventsbacken“, so Alexander Vogt.
„Drei, vier Jahre – so lange würde das Veranstaltungsformat ,Adventsbacken‘ laufen. Das meinte mein Vater anfangs. Dass er damit unrecht hatte und wir seit über 30 Jahren die Tradition pflegen, wird ihm immer wieder aufs Butterbrot geschmiert“, schmunzelt Alexander Vogt.
Jedes Jahr lässt sich Alexander Vogt, der 2001/2002 König der Dülmener Bürgerschützen und bis vor kurzem 13 Jahre lang Bundesvorsitzender der Lesben- und Schwulenunion in der CDU war, etwas Neues einfallen für die Einladungen zum Backen. Das fand anfangs in der Schulküche der Kardinal-von-Galen-Hauptschule statt und geht seit 15 Jahren im Fachgeschäft Homann in der Borkener Straße über die Bühne.
Mal ist die Einladung zum Backen in einen Kurzroman verpackt, mal ist sie eine vertonte Bearbeitung vom „Sankt Nikolaus in Not“ von Felix Timmermans, mal erscheint die Einladung als Werbeanzeige für Schuhe, mal als Pauschalreise-Werbung, mal als neuer „James Back“-Kinofilm „Teigfinger“ (siehe Titelseite dieser DÜLMENplus-Ausgabe), mal als Zeitungs-Opern-Kritik, die für die Insider jede Menge bietet: „In den vielen Jahren gab‘s manche Missgeschicke: Dass in Teig getreten wird, weil er draußen in der Dämmerung für eine Fußmatte gehalten wird. Dass Plätzchen mehrere Male hintereinander verbrennen. Oder dass blecheweise Plätzchen wegen Fehlgriffen beim Herausholen auf dem Boden landen. So was verpack ich dann gern in den Einladungen.“ In diesem Jahr war die Einladung die Funktionsbeschreibung einer imaginären Handy-App.
Nicht alle aus der Clique, die sich inzwischen über fast ganz Deutschland erstreckt, sind jedes Jahr mit dabei. „Dieses Jahr fehlen sieben Leute – Krankheit, Wasserrohrbruch“, so Alexander Vogt, der dieses Jahr seine Schwester Meike Wiesmann erstmals aktiv am Backofen erleben konnte. „Ich war elf Jahre alt, als Alex mit den Backaktionen begonnen hat. Ich habe immer mitgemacht und mitgeholfen und etwa Bahnhof-Kurierdienste gemacht und Teig vorbereitet. Direkt am Backofen bin ich diesmal aber zum ersten Mal“, lacht Meike Wiesmann.
Wie bei vielen anderen Veranstaltungen machte Corona das Leben schwer: „Im ersten Corona-Jahr 2020 haben wir eine Online-Konferenz gemacht – mit Ein-Person-Feuerzangenbowlen-Sets, Chips, Colorado und Treets. Das Backen 2021 haben wir dann in einem Rutsch mit dem Backen 2022 durchgezogen – von Videoschalten hatten wir ‘21 ja ziemlich die Nase voll“, so Alexander Vogt, während er sich beim Probieren Saure-Sahne-Plätzchen und Butterwölkchen schmecken lässt.