Dülmen. Gerade einmal zwei medizinische Zentren in Deutschland – in Hannover und in München – wagen sich an einen solchen Typ Operation, der im Mai das Leben von Hans-Günter (HG) Werner gerettet hat: die Entfernung einer tumorbefallenen Niere und die Sanierung der Nierenvene, in die der Tumor bereits hineingewachsen war. 20 Blutkonserven wurden bei dieser großen, gut zehnstündigen Operation eingesetzt, um HG am Leben zu erhalten.
„Wir waren mit unserem Reisemobil seit einiger Zeit in Portugal unterwegs gewesen und genossen die tolle Natur, die netten Menschen und die Kultur dort“, erinnert sich HG an den Frühling dieses Jahres. Seit er den Dienst als Wirt vom DJK-Clubhaus im Sportzentrum Süd an den Nagel gehängt hat und im Ruhestand ist, bereist HG zusammen mit seiner Frau Iris Feldhaus die Welt. Beide waren für Wochen unter anderem in Nordamerika – wo HGs Schwester mit Familie lebt – in grandioser Natur und auch der einen oder anderen Stadt unterwegs und haben mit ihrem Reisemobil schon weite Bereiche die iberischen Halbinsel – vor allem Portugal – bereist. Dank vieler Fotos, die HG bei seinen Fußmärschen und Spaziergängen macht und dann in seinen WhatsApp-Status und bei sich auf seinem Facebook-Kanal „HG am frühen Morgen“ publiziert, nimmt HG seine Follower mit auf seine Erkundungen.
Hier, in Portugal, passierte es dann: „Eines Morgens stellte ich fest, dass ich Blut im Urin habe – und ich fühlte mich schon seit einiger Zeit nicht gesund“, erinnert sich HG. So etwas kannte er eigentlich nicht von sich. „Ich bin nie großartig krank gewesen und hatte auch zu der Zeit, in der ich noch 100 Kilogramm mehr gewesen hatte, kein gesundheitlichen Probleme.“
Nun aber ein Unwohlsein und der Blut im Urin.
Vor diesem Hintergrund entschieden er und Iris, zusammen von Portugal nach Dülmen in die Heimat zu fahren. Nach zwei Tagen waren sie in der Tiberstadt, und HGs Hausarzt, der unter anderem Nierenfacharzt ist, fand durch Diagnostik heraus, was mit der Niere von HG los ist – dass in einer Niere ein Tumor ist, der auch schon in die Nierenvene eingewachsen ist.
Nur in Hannover und in München gibt es Kliniken, die sich trauen, in solchen Situationen zu operieren, stellte sich heraus; nur etwa zehn Mal im Jahr wird in Deutschland eine solche Operation vorgenommen. „Hier im Münsterland gibt es kein Krankenhaus, das solche Operationen durchführt“, so HG. Also Konsultation der Medizinischen Hochschule Hannover. „Da war man bereit dazu, mich zu operieren. Weil aber fünf Fachspezialisten bei der OP nötig sind, war ein Termin für einen solchen Teameinsatz erst für einen Monat später zu bekommen“, berichtet HG.
Diese Zeit lag HG im Krankenhaus in Hiltrup, bis er dann Anfang Mai nach Hannover wechseln konnte. „Morgens um 7 Uhr ging dann meine Operation los, für die ich vorab schon zwei Blutkonserven bekommen habe“, so HG. „Während der mehr als zehnstündigen OP bekam ich dann nach und nach 18 weitere Blutkonserven. Das hat mich am Leben erhalten.“
Nach der OP „hing ich an 16 Schläuchen: Drainage, Katheter, Magensonde – ich sah aus wie ein Weihnachtsbaum“, schildert HG. Und Iris bangte: „Ich hatte in der ganzen Zeit Todesangst mut Hans-Günter“, gibt sie jetzt im Nachhinein zu.
Für sie ist eines klar: „Der Optimismus von Hans-Günter hat viel dazu geholfen, dass er das geschafft hat.“
Schon kurz nach der OP konnte HG aufstehen und ist über die Station gelaufen – die Apparaturen, an denen die Infusionsbeutel hingen, „habe ich einfach immer mitgeschoben“, erinnert sich HG, dem eines bewusst ist: „Wenn ich nicht in den vergangenen Jahren durch meine Morgenmärsche und Spaziergänge und durch die Ernährungsumstellung zwei Zentner an Gewicht verloren hätte und körperlich nicht so fit gewesen wäre, hätte die OP nicht so gut funktioniert – und wäre vielleicht auch gar nicht durchgeführt worden.“
So aber waren die körperlichen Gegebenheiten für die notwendige Operation gegeben. „Während der Operation stellten die Ärzte allerdings fest, dass auch die Leber vom Krebs betroffen ist. Das war vor der OP nicht bekannt gewesen“, so HG. „Hätte der Befund schon vor der OP vorgelegen, wäre die Operation wohl nicht durchgeführt worden.“
So aber wurde ihm die betroffene Niere herausoperiert und die Nierenvene, in die der Tumor hineingewachsen war, saniert. „Der Nierenkrebs in der Leber wird nun mit einer komplexen Therapie medikamentös behandelt“, so HG.
Im Rückblick ist er überaus dankbar, dass ihm so nachhaltig medizinisch geholfen wurde. „Ich hatte Riesenglück, dass mein Hausarzt die Lage erkannt hat“, so HG. „Und ich kann mich glücklich schätzen, dass 20 Personen Blut gespendet haben, das mir zugute gekommen ist. Ohne diese Transfusionen wäre ich jetzt wohl nicht mehr am Leben.“ Sein Appell an alle: „Geht Blut spenden! Es ist so wichtig!“
Schon vor seiner Krankheit hat HG übrigens einen Plan gefasst: Er möchte eine große Strecke nach Santiago de Compostella pilgern. „Von Tavira nach Santiago – rund 1.100 Kilometer.“ Dieses Ziel verfolgt HG nun konsequent. „Los gehen soll die Pilgertour im April nächsten Jahres“, so HG.
Dann ist er 70 Jahre alt.
Ist aber schon auf einem guten Weg dorthin: „15.000 Schritte am Tag schaffe ich inzwischen schon wieder …“

