Dülmen. Fernweh… Wen erwischt das nicht mindest einmal im Jahr! Bei Nicole und Uwe Eppert wirkt dieser „Virus“ auch, und beide sind schon viel herumgekommen. Mehrere ihrer Reisen haben die beiden inzwischen mit einem selbstgebauten Wohnmobil unternommen – erst allein als Paar, später dann mit dem gemeinsamen Nachwuchs. „Einen Campingplatz haben wir noch nie mit unserem Wohnmobil angefahren“, sagen die beiden Dülmener. Denn mit dem Reisemobil Marke Eigenbau sind sie weitestgehend autark.
Schon viele, viele Kilometer hatten die beiden mit Mietwagen auf Reisen zurückgelegt. So etwa an der West- und der Ostküste der USA und 2015 bei ihrer Hochzeitsreise durch Australien. Dann wuchs der Wunsch, auch Europa zu erobern – per Wohnmobil. Mit Blick auf die Mietpreise für Reisemobile sagten sie sich: „Wir bauen uns ein eigenes!“
Ein Bekannter riet zu einem Transporter vom Typ Iveco Daily als Basisfahrzeug. „Diese Autos haben kaum Probleme mit Rost – und das Fahrzeug von unserem Bekannten hatte brav 750.000 Kilometer getippelt“, erinnert sich Nicole Eppert.
Einen gut erhaltenen Transporter dieses Typs zu finden war aber gar nicht so leicht. „Die meisten dieser Fahrzeuge sind in der Baubranche unterwegs und werden ordentlich rangenommen“, so Nicole Eppert. „Wenn sie dann verkauft werden, sind sie oft keine Schönheit mehr.“
Suche nach Basisfahrzeug war gar nicht so einfach
Beide hatten schon fast die Suche nach einem möglichst langen, möglichst hohen und etwas stärker motorisierten Iveco Daily aufgegeben, bis sich dann doch im Internet ein passendes Angebot fand – mit sieben Meter Länge und Stehhöhe im Transporteraufbau, der rundrum geschlossen ist, keine Fenster hat und daher von außen nicht erkennen lässt, was drinnen ist. Mit diesem Fahrzeug könnte ein regelrechtes Incognito-Reisemobil gebaut werden. Kostenpunkt des Basisfahrzeugs: 8.000 Euro.
Auf Fahrzeugausstellungen und Messen schauten sich Nicole und Uwe Eppert verschiedene fertige handelsübliche Reisemobile an und entwickelten dann einen Plan, wie der Eigenbau aussehen solle. „Uwe hat eine vollständige 3D-Planung am Computer gemacht“, so Nicole Eppert. Als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau sind CAD-Programme tägliches Handwerkszeug von Uwe Eppert, der beruflich bei der Firma Joest in Buldern tätig ist.
Mindestanforderungen für Zulassung als Reisemobil
Wichtig bei dem Innenausbau waren eine Reihe Ausstattungselemente, die vorhanden sein müssen, damit ein Fahrzeug als Reisemobil anerkannt wird. „Wir hatten uns da orientiert an Angaben des TÜV Süd: Eine Sitzgelegenheit, ein Tisch, der auch klappbar und entfernbar sein darf, eine Schlafgelegenheit – auch ein Sitz, der zu einem Bett umgebaut werden kann, kann Schlafgelegenheit sein –, eine Kochstelle in Form eines Kochers, der fest im Camper eingebaut werden muss, und Unterbringungsmöglichkeiten in Form von Schränken und Stauraum. Schranktüren müssen zudem gegen selbstständiges Öffnen gesichert sein, sodass diese sich bei der Fahrt nicht von allein öffnen. All diese Einrichtungen sind – bis auf den Tisch, wie gesagt – fest im Wohnbereich zu installieren“, zählt Uwe Eppert auf. Und ergänzt: „Eine Stehhöhe im Fahrzeug wird nicht für die Zulassung gefordert.“
Transporter im Unterhalt teurer als ein Reisemobil
Das Ehepaar machte sich gemeinsam ans Werk und investierte sieben Monate lang so gut wie jeden Tag nach ihrem Job ihre Freizeit, um sich den gemeinsamen Traum zu erfüllen. Mit Erfolg – nach dem Umbau attestierte der TÜV in Coesfeld dem Transporter die Eigenschaft als Wohnmobil. „Damit sinken die Kfz-Besteuerung und die Versicherungsbeiträge im Vergleich zur Transporter-Zulassung erheblich“, so Nicole Eppert.
Die Liste der Baumaßnahmen in dem Transporter ist lang: Zunächst wurden die Trennwand und im Laderaum die Holzverkleidungen entfernt. Abnutzungserscheinungen und oberflächlicher Rost im Cockpit wurden beseitigt – Lack war dabei hilfreich. Vorne wurden neue Sitzkonsolen eingebaut, die Uwe Eppert selber konstruiert hatte und von einem Metallfachbetrieb gefertigt wurden. Außerdem wurde eine zweite Sitzreihe – aus einem Neun-Sitzer-Bulli – mit zwei Sitzen mit integrierten Sicherheitsgurten auf werksseitig vorhandene Verschraubungsstellen platziert. Die Außenwände des Transporters wurden gedämmt, und auf den Fußboden wurden Holzlatten aufgeschraubt – dazwischen kamen Hartschaumstoffplatten zur Dämmung; darauf wurde Laminatfußboden verlegt. Eine im Stehen nutzbare Dusche mit 70-mal-90-Zentimeter-Duschtasse wurde mitsamt Falttür eingebaut, ebenso in der Dusche neben der Duschtasse eine Campingtoilette.
Durchlauferhitzer wurde aus Spanien bezogen
Es wurden Wasserschläuche und Kabel für diverse 12-Volt- und USB-Steckdosen verlegt, und es wurde eine kleine Küchenzeile mit zwei Gaskochstellen sowie einer Spüle eingebaut. In der Dusche kommt Warmwasser an, das von einem aus Spanien bezogenen propangasbetriebenen Durchlauferhitzer auf Temperatur gebracht wird – Warmwasser in der Küche wird mit einem Wasserkessel auf den Gasflammen gewonnen. Der ursprüngliche 70-Liter-Wassertank wurde später um einen weiteren 70-Liter-Tank ergänzt, so dass nun 70 Liter Brauch- und 70 Liter Trinkwasser gebunkert werden können. Eine Gefrierbox und eine Kühlbox sorgen auf Reisen für frische Lebensmittel. Nach hinten wurden zwei längs liegende Hochbetten, jeweils 80 Zentimeter breit und zwei Meter lang, eingebaut; der Stauraum darunter ist auch durch Öffnung der Hecktüren zugänglich. Inzwischen ist unter dem großen Bett ein kleineres Bett mit einer 80 mal 200 Zentimeter großen Liegefläche eingebaut.
Auf dem Dach wurden Solarzellen installiert, die – zunächst – mit 400 und inzwischen dank Vergrößerung mit 800 Watt maximale Leistung Solarakkus laden, von denen 12-Volt-Gleichstrom und – über einen Spannungswandler – 240-Volt-Wechselstrom entnommen werden kann.
Dachfenster für Licht und Luft
Aus dem Fachhandel besorgte sich das Ehepaar ein Dachfenster, durch das Licht und bei Öffnung auch frische Luft ins Wohnmobil gelangen; ein integriertes Fliegengitter hält die meisten Insekten ab.
Die Holz-Seitenverkleidungen des Laderaums und die Deckenverkleidung wurden mit Himmelstoff beklebt – und in die Decke wurden LED-Lampen integriert. Nach der ersten großen Reise wurde noch eine Heizung eingebaut, die aus Russland stammt und mit Diesel aus dem Fahrzeugtank betrieben wird. „Diese Heizung kann wirklich was“, schmunzelt Nicole Eppert, die beruflich bei dem Unternehmen ArteBene in Lüdinghausen als Gestaltungstechnische Assistentin tätig ist.
Kleinigkeiten wie etwa Wäscheständer, Garderobe und viele kleine Staufächer finden sich hinten in der Tür; vorne ist eine Schuhablage, und im Cockpit ist überkopf Stauraum für Klamotten und unterm großen Bett ein Netz für weitere Dinge wie beispielsweise eine Decke beziehungsweise eine Picknickdecke.
Die Feuerprobe hat das Incognito-Reisemobil von Nicole und Uwe Eppert schon mehrere Male mit Bravour bestanden. Das erste Mal bei einer Europatour.
Die führte das seinerzeit noch kinderlose Paar 2016 für drei Wochen nach Frankreich, Monaco, Spanien, Portugal, Belgien und die Niederlande. Mit ihrer vier Monate alten Tochter Sophia ging es dann 2017 für 14 Tage auf Italien-Tour – über Österreich, Italien, Schweiz und Liechtenstein. Bei einer sogar sechs Wochen dauernden Skandinavien-Tour erlebte das Paar mit der einjährigen Sophia später Dänemark, Schweden, Norwegen – inklusive Nordkap – und Finnland, und mit der 16 Monate alten Sophia durchreisten die Epperts schließlich zehn Tage die Benelux-Länder.
„Die große Solaranlage, die Heizung, der Durchlauferhitzer, das Kochfeld und die großen Wassertanks machen uns bei unseren Touren komplett autark“, freut sich Nicole Eppert. „Wir haben bis heute keinen Campingplatz angefahren.“
Wo immer sich Toilettennutzungen anbieten, werden diese Optionen wahrgenommen, und besonders bei Tankstellen wird nach Trinkwasser gefragt. „In Skandinavien haben wir unser Brauchwasser aus Wasserfällen und kristallklaren Seen abgefüllt“, berichtet Nicole Eppert, die für die Skandinavien-Tour passend Proviant für den Herd vorbereitet hatte: „Ich hatte 42 Gläser eingekocht, so dass wir für jeden Mittag ein tolles Essen dabei hatten“, so die 36-Jährige. Eine 11-Kilogramm-Gasflasche reichte für die kompletten sechs Wochen aus.
Auf diese Weise werden die Reisekosten reduziert. Dazu trägt auch die schlanke Bauweise des Fahrzeugs bei: „Wir brauchen nur rund zehn Liter Diesel auf 100 Kilometer – weniger als viele anderen Reisemobile“, so Uwe Eppert. Und das bei einer üblichen Reisegeschwindigkeit von 130 bis 140 Kilometern pro Stunde. „Wobei der Wagen auch Tempo 160 bis 170 schafft.“
Nachdem 2019 Tochter Hannah und 2021 Sohn Moritz auf die Welt gekommen sind, gilt es nun, das Wohnmobil für eine Nutzung durch die vergrößerte Familie zu ertüchtigen. „Mal sehen, ob wir noch einen dritten Sitz in das Fahrzeug eingebaut und genehmigt bekommen“, meint Nicole Eppert.
Aber auch ohne Reise-Nutzung leistet das Fahrzeug immer wieder gute Dienste: Beim Hausbau wurde es etwa für Transportaufgaben eingesetzt – und dabei half auch die Anhängerkupplung. Bei einem Leergewicht von 1,9 Tonnen wurden 700 Kilogramm Reisemobil-Ausstattung eingebaut. Macht zusammen 2,6 Tonnen. Bis zu den erlaubten 3,5 Tonnen ist also noch einiges an Luft.
Alles in allem sind Nicole und Uwe Eppert nach wie vor begeistert von ihrem Reisemobil, in das neben den Kosten für die Anschaffung des Basisfahrzeugs in Höhe von 8.000 Euro noch Reisemobil-Ausstattung für rund 9.000 Euro reingekommen ist. „Man muss nur manchmal länger nach einem Parkplatz suchen, der für die Länge des Fahrzeugs passt. Die Breite ist – anders als bei manch handelsüblichem Reisemobil – kein Problem“, so Nicole Eppert, die sich in dem Fahrzeug auch sicher fühlt: „Alle Türen können von innen abgeschlossen werden, wir haben Feuerlöscher mit dabei – und ein Gaswarner gibt Alarm, wenn Gas im Fahrzeug ist. Schon beim Umklemmen von Gasflaschen meldet sich das Gerät.“