Lette. Der Umzug ist bereits in Sicht, der Bauantrag eingereicht. Ein wenig Zeit wird allerdings noch vergehen, bevor das Tierheim Lette voraussichtlich im Spätsommer oder Herbst 2022 in den dann fertiggestellten Neubau in Goxel zieht. Doch auch im alten Domizil in Lette sorgte die Corona-Pandemie im täglichen Ablauf für Wirbel und viele Veränderungen. Besonders die ausgefallenen Aktionen wie das Sommerfest fehlen dem Team.
Aktuell wird in zwei Schichten gearbeitet. Da die Mitarbeiter jedoch frisch geimpft sind, soll sich dies schon im Juni ändern. Ein kleiner Schritt zurück zur Normalität. Seit dem Pandemieausbruch konnten viele Ehrenamtliche, die beispielsweise zum Spaziergehen mit den Hunden vorbeikommen, nicht in dem sonst üblichen Maße helfen. „Die Tiere müssen jeden Tag versorgt werden, deswegen hatten wir Glück, dass sich niemand angesteckt hat“, freut sich Sandra Kassenböhmer, Geschäftsführerin des Tierschutzvereins Coesfeld, Dülmen und Umgebung.
Eines der Highlights im Jahr ist für das Tierheim immer das Sommerfest, durch das auch viele Spenden gesammelt werden. In diesem Jahr kann es nun zum zweiten Mal in Folge nicht stattfinden. „Vielleicht ist im Spätherbst ja noch etwas möglich“, wagt Kassenböhmer einen vorsichtigen Blick in die Zukunft. „Für uns sind die verlorenen Spenden natürlich bitter.“ Dennoch bleibt für den alltäglichen Gebrauch und die Versorgung der Tiere genug Geld übrig. Bei Anschaffungen wird es hingegen knapper.
Neben der Versorgung der Tiere steht natürlich weiterhin die Suche nach einem neuen passenden Zuhause für die Tierheimbewohner im Vordergrund. Interessenten können zur Zeit nach Terminvereinbarung das Tierheim besuchen und eine Beratung bekommen. „Es ist sinnvoll, mit nicht festgefahrenen Vorstellungen hierhin zu kommen. Man sollte sich aber durchaus klar darüber sein, wie ein Haustier zum eigenen Alltag passt und sich nicht überschätzen“, sagt Tierheimleiter Marcel Pieper. „Der Vorteil ist, dass wir die Tiere hier kennen und ehrlich sagen, ob das Tier zum Interessenten passt oder eben auch nicht.“ Einfach ein Tier spontan mitzunehmen ist nicht möglich. Bei drei Besuchen soll herausgefunden werden, ob Tier und Mensch zueinander passen, und sechs bis acht Wochen nach der Abholung des Tierheimtieres muss der frisch gebackene Besitzer noch einmal zu Besuch vorbeikommen. Auf diese Weise gewährleistet das Tierheim, dass die tierischen Bewohner nur in die passenden Hände geraten.
Momentan ist die Nachfrage durch die Corona-Pandemie bedingt sehr groß. Die Vermittlungszahlen sind dennoch konstant geblieben. „Wir sind kein Supermarkt, häufig stimmen die Vorstellungen der Interessenten nicht mit der Realität überein, beispielsweise wenn nur Welpen gesucht werden“, so Kassenböhmer, die befürchtet, dass es nach der Pandemie eine Rückgabewelle geben wird.
Im vergangenen Jahr
knapp 900 Tiere betreut
Im letzten Jahr betreute das Tierheim knapp 900 Tiere. „Die Zahlen schwanken aber immer und sind nicht konstant. So kann es sein, dass wir im Sommer hunderte Katzen finden und im Winter nur vereinzelte“, erklärt Kassenböhmer. „Im Dezember als Weihnachtsmonat werden zum Beispiel spürbar weniger Hunde abgegeben, das kommt dann erst im Januar und Februar.“
Das Aussetzen von Haustieren ist verboten, dennoch kommt es immer wieder vor. Da Hunde jedoch oft einen Chip mit den Herkunftsdaten unter der Haut tragen, werden sie fast ausschließlich von ihren Besitzern im Tierheim abgegeben. Anders sieht die Situation bei Katzen aus. Hier werden viele Tiere draußen gefunden und dann vom Tierheim abgeholt. Auch Kleintiere wie Vögel, Kaninchen oder Meerschweinchen werden entweder abgegeben oder aufgegriffen. Hin und wieder gibt es auch exotischere Tierheimbewohner. „Schlangen haben wir immer mal wieder da, aktuell eine Kornnatter. Wir hatten auch schon Vogelspinnen, Bartagame, Papageien, einen Pfau und ein Kamerunschaf“, sagt Marcel Pieper. Glückliche Wiedersehen gibt es auch hin und wieder. So konnte zum Beispiel eine Katze sieben Jahre später noch mit ihrem ursprünglichen Besitzer wiedervereint werden.
Hunde, Katzen und Kleintiere sind im Tierheim alle in einem eigenen Bereich untergebracht. Hinzu kommt die Quarantänestation, in dem sich alle Neuankömmlinge für zwei Wochen aufhalten. Hier erhalten sie erst einmal eine Allgemeinuntersuchung sowohl von den Pflegern als auch vom Tierarzt und werden entfloht und entwurmt. Hier werden auch verwilderte Katzen gemäß der Katzenschutzverordnung kastriert, in diesem Jahr waren es bisher bereits über 100. „Zahme Katzen können wir dann noch vermitteln. Die Katze ist eigentlich nicht für das Leben in der Wildnis gemacht. Häufig finden wir kranke Tiere etwa mit vereiterten Augen. Draußen sinkt die Lebenserwartung der Katzen stark, deswegen ist es so wichtig, die Populationsgröße zu kontrollieren, um das Leiden der Tiere zu senken“, erläutert Marcel Pieper das Vorgehen.
Wichtig ist allen Beteiligten, dass die Tiere von ausgebildetem Fachpersonal versorgt werden. „Hier gibt es nicht nur ein großes Herz für Tiere, sondern auch große Kompetenz“, betont Kassenböhmer. Dafür bildet das Tierheim auch selber aus. So gibt es nicht nur einen Bundesfreiwilligendienstler (Bufdi), sondern auch eine Auszubildende. Die Bufdi-Stelle wird bald frei, und das Tierheim sucht noch nach einem geeigneten Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Auf dem Tagesablauf stehen dabei neben der Pflege der Tiere auch die Reinigung der Boxen und der Kontakt zu den Kunden.
Ergänzt wird das Team durch viele Freiwillige und den Vorstand aus Ehrenamtlichen. „Die Liebe zum Tier ist natürlich die Hauptmotivation, die Arbeit wird dann über die Jahre hinweg ganz selbstverständlich und gehört einfach zum Alltag dazu“, so Kassiererin Hedwig Sicking, die bereits seit 25 Jahren ehrenamtlich im Vorstand tätig ist.
Ursprünglich waren die Räumlichkeiten in Lette am Stripperhook 51a einmal eine Hühnerlegebatterie. Die Stadt Dülmen stellte dort dann die ersten Hundezwinger auf. Die Hallen wurden renoviert und das Tierheim weitete sich aus. Nun, nach vielen Jahren, steht eine der größten Veränderungen bevor: Der Neubau in Goxel, der im Juni beginnen soll, wird den Tieren und Mitarbeitern in Zukunft moderne Räumlichkeiten und ausreichend Platz bieten.