„Spencer“-Dreh in Dülmen: Teenies kreischen als Kristen Stewart ans Set kommt
Dülmen. Es ist gefühlt der erste Frühlingstag des Jahres. Ich packe mein Auto mit meinem Fotokoffer, einem Stativ und einem Anglerstuhl. Soweit noch nichts Ungewöhnliches. Aber was dann kommt, gehört eigentlich nicht in erster Linie zur Ausrüstung eines Sportfotografen – eine Leiter. Diese war geschätzt das letzte Mal beim Malern im Einsatz. An diesem Tag soll sie mir verhelfen, einen besseren Blickwinkel auf das Geschehen am Set vom „Spencer“-Dreh im Dernekamp zu bekommen – um genau zu sein: den exklusiven „Schuss“ von Schauspielerin Kristen Stewart im Lady-Diana-Outfit zu erhaschen.
Aber mal der Reihe nach. Gegen 10 Uhr morgens mache ich mich auf den kurzen Weg in den Dernekamp. Aus sicherer Quelle habe ich erfahren, dass an diesem Tag die Dreharbeiten für den Hollywood-Streifen in Dülmen stattfinden – ja, tatsächlich in Dülmen! Bereits am frühen Morgen hat die Stadt Dülmen den Bereich zwischen dem Kreisverkehr an der Grundschule Dernekamp und dem Festplatz des Dernekämper Schützenvereins abgesperrt – streng bewacht von schweren Männern in gelben Warnjacken. An der Absperrung versuchen andere Reporter einen guten Grund zu finden, um von den Ordnungskräften durchgelassen zu werden. Doch diese haben nun mal strikte Vorgaben. Nur Anwohner und Busse dürfen passieren. Während sich die Journalistenschar die Zähne ausgebissen hat, habe ich nach einer Möglichkeit gesucht, die Security auszutricksen – natürlich im erlaubten Rahmen.
Lüdinghauser Straße war für Dreharbeiten gesperrt
Meine erste Idee ist der Besuch meiner Schützenfreunde, die ja zu Hauf an der Lüdinghauser Straße wohnen. Dumm nur – es ist mitten in der Woche und alle gehen zur Arbeit. Vom Kreisverkehr kann ich keinen Blick auf den Drehort bekommen. Ich starte den Versuch über die Blumensiedlung. Hier bekomme ich dann tatsächlich die ersten Eindrücke, die auf einen Filmdreh hindeuten: Die Crew ist mit einer schweren Kettensäge zugange und stutzt Sträucher auf dem Wall entlang der Lüdinghauser Straße. Später werden Schienen für den Kamerazug auf den Wall gesetzt. Aber auch aus dieser Perspektive lässt sich noch kein gutes Foto schießen. Was nun? Mich führt der Weg weiter in Richtung Dernekämper Schützenplatz. Dort ist richtig Betrieb im Zelt – leider nicht von den Schützenbrüdern und Schwestern auf der Tanzfläche und an der Theke. Der Bereich um die Vogelstange ist verwaist. Auf dem Gelände tummeln sich sämtliche Komparsen; die Regie und Technik ist in großen Trailern verpackt. Schade hier um den guten Rasen.
Komparsen und Regisseure statt Schützenbrüder im Zelt
Ich frage mich, ob die Hauptdarsteller wohl gerade geschminkt werden oder noch im Hotelbett liegen. Sobald ich mit dem Auto vorm Eingang der Wiese stehen geblieben bin, laufen mir direkt hektisch winkende Ordner entgegen und bitten um Weiterfahrt. Also hier komme ich auch nicht weiter. Es ist gerade erst kurz nach 11 Uhr. Ich weiß nicht, ob die Klappe schon gefallen ist. Es bleibt mir nur noch eine Himmelsrichtung übrig, um endlich einen Blick auf den Drehort zu bekommen. Viele Zufahrtsstraßen sind gesperrt. Aber: Neben der Grundschule gibt es noch eine für Baufahrzeuge freigehaltene Straße. Hier gelingt es mir schließlich, ganz eng heranzukommen.
Ich bin dem Ziel so nah: Eine britische Flagge weht in einer sanften Mittagsbriese. Die Crew sonnt sich und saugt Frühlingsluft auf, so fernab vom englischen Schmuddelwetter. In rund 100 Metern Entfernung stehen etliche Lkw und parken die Zufahrt zum „The Duch Cafe“ zu. Noch bin ich nicht entdeckt worden; sehe ich vielleicht wie ein Nachbar aus? Schwer zu glauben mit einer 400mm Canon-Optik über der Schulter. Doch von einer Kamera am Set ist weiterhin keine Spur. Dann klopft ein junger Ordner an meine Fensterscheibe. Ich möge meinen Wagen wegsetzen, in 15 Minuten wird hier eine Film-Szene auf der Lüdinghauser Straße gedreht. Froher Erwartung setze ich den Wagen zurück und parke in sicherer Distanz (auf öffentlichem Grund!). Ich habe die wohl beste Perspektive auf die Straße und habe das Foto von der Prinzessin-Diana-Double gefühlt schon im Kasten. Mit einem Konverter zwischen Kamera und Objektiv, der die Brennweite des Teleobjektivs noch mal verlängert, komme ich optisch nochmal näher ran ans Geschehen. Ich hab mich auf dem Rücksitz meines Autos platziert und eine Scheibe runtergedreht, so dass ich mein schweres Kamerageschütz auf die Autotür legen kann. Nichts wäre blöder, als Fotos aufgrund der langen Brennweite zu verwackeln.
Jetzt darf es aber endlich losgehen. Die kleine Flasche Wasser ist aufgebraucht, die Uhr schlägt Mittag. Und? Es passiert einfach nichts. Mehr und mehr lässt mich das Gefühl nicht los, dass der Ordner mich nur vorsorglich hat vertreiben wollen. Es wird 13 Uhr, 14 Uhr und 15 Uhr – manche Spaziergänger kommen sogar schon das zweite Mal mit dem Hund zum Gassigehen vorbei. Die Lust und die Hoffnung auf das eine Foto sinkt von Minute zu Minute. Aber so schnell wird Dülmen so ein Ereignis nicht mehr haben, motiviere ich mich zum Durchhalten. Oder ist der Dreh gar nicht auf der Straße? Doch! Dort parkt schon seit Stunden ein alter präparierter Vauxhall als Linkslenker.
Ordnungskräfte schirmen Bereich weiträumig ab
Jetzt kommt scheinbar Bewegung in die Sache. Eine Kamera wird auf dem Zug installiert. In den anliegenden Einfamilienhäusern hinter dem Wall ist plötzlich reges Treiben auf den Balkonen. Ständig zeigen die Anwohner nach rechts auf die Tanzschule. Ich kann sie aber aus meiner Position nicht erkennen. Nervosität macht sich breit. Den ganzen Tag habe ich ausgeharrt – um die Szene jetzt zu verpassen!? Die Ordnungskräfte fangen nun an, Fahrradfahrer auf dem Feldweg zu vertreiben. Es würde nicht mehr lange dauern, dann bin ich an der Reihe. Dann überkommt mich eine spontane Idee: Ich starte den Motor und fahre wieder in die Blumensiedlung. Ich habe mich an einer Schalke-04-Fahne orientiert, die im Garten einer der Anwohner weht. Es ist das Haus, das ich von der Gegenseite gesehen habe. Beherzt und zielorientiert klingle ich an und frage nach, ob ich von ihrem Balkon etwas erkennen könne und ich ein Foto machen darf. Ich werde freundlicherweise hereingebeten. Bewaffnet mit zwei Kameras erhalte ich nun nach knapp rund sieben Stunden endlich einen furiosen Blick auf das Set.
Regisseur verzichtet in Hektik auf weiße Tücher
elle beziehungsweise dem „The Dutch Cafe“ umgebaut worden. Auf dem Wallhügel, auf dem am Morgen noch die Sträucher gestutzt worden sind, tummeln sich die wichtigen Regie-Leute mit den dicken Kopfhörern und den Walkie Talkies in den Händen. Jetzt heißt es nur nicht auffallen, sage ich mir und muss an die Fotografen-Kollegen der bunten Blätter denken: So also fühlt es sich an, wenn man als Paparazzo arbeitet. Mit Ausnahme von ein paar Ästen ist die Sicht aufs Set grandios.
Dann passiert es! Man entdeckt mich mit der Kamera. Es ist vermutlich die letzte Szene des Tages, aber die muss unbedingt noch in die Kasten der Film-Crew. Die Sonne geht langsam unter, das Licht wird schlechter. Sie müssen sich anscheinend beeilen. Auf der Szenerie breitet sich jedenfalls Hektik aus. Keine Zeit für weiße Tücher, um mir und den Anwohnern die Sicht zu versperren. Dann kreischen plötzlich Teenies los. Das ist mein Startsignal. Kristen Stewart ist am Set. Sie trägt einen karierten Mantel, Oversize-Perlen im Stil der 80er Jahre und einen weißen Rollkragenpullover. Ihre Haare sind zu Dianas charakteristischem blonden Look frisiert. Sie düst für eine kurze Szene in ihrem Porsche von der Tankstelle über die Lüdinghauser Straße. Ganze drei Mal wird die Szene gedreht, keine fünf Minuten dauert es, dann ist schon wieder alles vorbei. Meine Kamera macht fast ununterbrochen zehn Bilder in der Sekunde – die Speicherkarte macht einen guten Job. Gut, dass die Technik mich nicht im Stich lässt. Das wäre noch was…!
Die Hollywood-Schauspielerin hat mich aus der Distanz auf dem Balkon anscheinend noch nicht entdeckt, obwohl das Klackern des Kamera-Spiegels ganz sicher bis Hausdülmen zu hören ist. Erst als man wohl einem Crewmitglied aufs Ohr sagt, dass sie ganz schnell das Set verlassen solle, verschwindet sie im Innern der Tankstelle. Von da aus geht es für sie dann später in der abgedunkelten Mercedes-Limousine zurück ins Hotel.
Meine Stimmung ist jetzt super – mir ist das erste Pressefoto weltweit von Kristen Stewart als Lady Di gelungen! Im Zusammenhang mit dem Lady-Di-Filmprojekt ist bis dato eigentlich nur ein Agenturbild im Umlauf, das die Produktionsfirma den Redaktionen zur Verfügung gestellt hat. Es zeigt Kristen Stewart zwar als Lady Di, allerdings nur als Porträt mit Hut.
Umso mehr hat sich dann der Boulevard um meine Dülmener Fotos von Kristen Stewart als Lady Di gerissen. Neben der „Bild“-Zeitung drucken auch sämtliche Klatschblätter diese Fotos ab.
Natürlich haben „Bild“ und Co. die Entstehungsgeschichte dieser Fotos nicht erzählt. Schließlich ist sie ausschließlich den Lesern von DÜLMENplus vorbehalten.
Für seine Tätigkeit als Sportfotograf ist Sebastian El-Saqqa der Umgang mit langen Brennweiten an der Kamera gewöhnt.
Laut dem Branchenportal „Deadline“ steht im Film Spencer eines der letzten Weihnachtsfeste von Prinzessin Diana im royalen Kreise im Mittelpunkt. Das Drama spielt an drei Tagen Anfang der 1990er-Jahre im königlichen Anwesen in Sandringham, Norfolk. Prinzessin Diana bemerkt zu der Zeit, dass ihre Ehe mit Prinz Charles immer weniger funktioniert und sie einen Ausweg finden muss, um nicht als Königin von England zu enden. Prinz Charles und Diana Spencer heirateten 1981. 1992 verkündete der damalige Premierminister John Major (77) im Unterhaus die offizielle Trennung der beiden. 1996 erfolgte die Scheidung. 1997 starb Lady Di nach einem Autounfall in Paris. Die Dreharbeiten zu „Spencer“ führte die Filmcrew um Schauspielerin Kristen Stewart gleich an mehrere Orte in Deutschland. Neben Dülmen war auch das Schloss Nordkirchen dabei. Zuvor war die Filmcrew bereits in Potsdam und auch im hessischen Taunus unterwegs.