Die DÜLMENplus-Redaktion freut sich über jede Zuschrift von Leserbriefen und Gastbeiträgen. Eine Garantie für die Veröffentlichung können wir jedoch nicht übernehmen. Je kürzer der Leserbrief/ der Gastbeitrag, desto größer die Chance seines Abdrucks. Die Redaktion behält sich das Recht auf Kürzungen vor. Der Inhalt der Leserbriefe gibt nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
VON ORTWIN BICKHOVE-SWIDERSKI
Am Sonntag, dem 10. Mai 1925 wurde um 15 Uhr das Kriegerdenkmal – der Löwe – in Dülmen in einem Festakt der Dülmener Bevölkerung vorgestellt. Der Entwurf stammt vom Architekten Gustav Wolf aus Münster. Der Löwe selbst wurde von dem Bildhauer Albert Mazotti aus Münster erstellt. Die Steine wurden im Steinbruch von Heinrich Schulte in Anröchte gewonnen. Der Rohblock des Löwen wurde in drei Teilen geliefert. Die Handstrichziegel wurden bei Kirschner in Dülmen gebrannt. Die Mauerarbeiten führte die Firma Weber aus Dülmen aus.
Leider wissen es die meisten Besucher der Stadt Dülmen nicht, dieses Denkmal ist auf Beidansichtigkeit konzipiert. Auf der Rückseite befinden sich 2 x 7 Sandsteintafeln zu jeder Seite des Löwendenkmals die Namen der Gefallenen des I Weltkrieges aus Stadt und Amt Dülmen. Die Tafeln sind von Schülern der Kunstgewerbeschule in Dortmund geschrieben worden. Dort sind ca. 400 Namen aufgelistet von Gefallenen.
Darum geht es mir. Seit Jahren „vergammeln“ diese Tafeln, eine dringende Renovierung und Restaurierung wäre erforderlich. Einige Namen sind nicht mehr zu lesen, andere Buchstaben verfallen. Ich fordere den Kulturausschuss auf hier tätig zu werden und entsprechende Mittel im Heimatministerium in Düsseldorf zu beantragen. Das Denkmal selbst wurde zuletzt als Gesamtanlage 1982! aus Mitteln des Denkmalförderungsprogramms überarbeitet. Es wurde nachträglich eine Schale mit einer Stärke von 6-8 cm angebracht, der Löwe wurde neu ausgerichtet und es wurde damals schon versucht die Rückseite des Denkmals auszubessern. Dieses Denkmal ist in die Denkmalliste der Stadt Dülmen als laufende Nr. Sieben eingetragen.
Bei der Erstellung des Denkmals wurde schon hervorgehoben, die 400 Namen der Gefallenen Soldaten sollten auf der Rückseite angebracht werden, damit man dort in Ruhe verweilen und nachdenken kann.
Darunter befindet sich auch der ehemaligen jüdischen Mitbürger, der Kaufmann Alfred Leeser, Unteroffizier im Res.-Inf. Rgt. 203, 4. Kompanie. Der geneigte Leser kann es ja persönlich versuchen, den Namen auf der Tafel zu finden. (6.6.1885-24.08.1918). In englischer Gefangenschaft durch Artilleriegeschoss gefallen.
Auch mit dem Künstler Albert Mazotti müssen wir uns mehr als kritisch auseinandersetzen. Heute wird die Einstellung von Mazotti zum Nationalsozialismus in der Kulturwelt als positiv bewertet. Er bekam offizielle Aufträge ab 1933 direkt von der NSDAP. Ab 1.1.1934 wird er Mitglied der Reichskulturkammer. Dafür darf er zahlreiche Medaillen und Plaketten entwerfen und vertreiben. Darunter Medaillen auf Hitler und auch Führerbüsten. Auch stellte Mazotti von 1938-44 als ständiger Aussteller bei den Großen Deutschen Kunstausstellungen im Haus der Künste in München vertreten. Mazotti erstellte auch Christus und Heiligenfiguren. Das genaue Eintrittsdatum in die NSDAP lässt sich nicht ermitteln. In seiner Entnazifizierungsakte gibt er selbst an, Mitglied der NSDAP gewesen zu sein. In der nicht vollständig erhaltenen NSDAP Mitgliederkartei im Bundesarchiv in Berlin liegt jedoch keine Mitgliedskarte vor. Der Mitgliedsausweis zur Reichskulturkammer liegt im Archiv des Stadtmuseums in Münster. 1944 wurde ihm der NS-Gau Kulturpreis Westfalen Nord verliehen. Eine hohe Auszeichnung der NSDAP. Der Gauleiter Alfred Meyer (1891-1945) beantragt persönlich beim Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Dr. Josef Göbbels (1897-1945) Albert Mazotti einen Professoren Titel zu verleihen. Diesem Wunsch kommt Dr. Göbbels aber nicht nach. Der Vorgang soll nach dem Krieg noch einmal geprüft werden.
Ich fordere den Kulturausschuss auf, alle Dülmener Kriegerdenkmäler einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Dazu muss auch eine kritische Untersuchung des Kriegerdenkmales in Buldern erfolgen. Gerade die NSDAP Ortsgruppe Buldern missbrauchte dieses Denkmal für NS-Zwecke. So wurden von lokalen NSDAP Größen dort schwungvolle Reden gehalten. Besonders wurde der Soldatentod durch eine weitere Tafel in Buldern hervorgehoben. An einem Findling wurde eine Gedenkplatte angebracht „Die Helden von Stalingrad – Heimat du lebst – weil wir starben“. Vor Jahren wurde schon die das Denkmal flankierenden Steingranaten mit dem Eisernen Kreuz entfernt.
Sachbeschädigungen hat es an diesem Denkmal auch schon einige Male gegeben.
Was auch in Dülmen kaum einer kennt. In Dülmen-Rorup gibt es ein Kriegerdenkmal aus Glasmalerei. Denkmäler aus Stein und Metall, sind sehr häufig aber aus Glas, das ist sehr selten. Dieses Fenster befindet sich in der St. Agatha Kirche in Dülmen-Rorup. Bis heute konnte nicht geklärt werden wer den Entwurf und die Ausführung beanspruchen könnte.
Weiter vermute ich, dass noch das eine oder andere Denkmal in Dülmen saniert werden müsste. Der Kulturausschuss soll eine Auflistung mit einem Investitionsstau in Auftrag geben. Danach eine Liste erstellen, in welcher Priorität welches Denkmal saniert wird.
Weiter sollte zu jedem Denkmal in die Denkmalliste ein weiterer Hinweis auf den/die Künstler*in aufgenommen werden. Vielleicht entsteht dadurch ein Kunstführer durch Dülmen.
Wir sollten in Dülmen mit einer kritischen Aufarbeitung unserer Denkmäler beginnen. Ebenso sollten wir diese erhalten und pflegen. Denn nur wer die Vergangenheit kennt, der kann die Zukunft gestalten.
Glück auf
Ortwin Bickhove-Swiderski
Heimatforscher
Wortkamp 22
48249 Dülmen-Rorup