Dülmen. Deutschland wird zwar seit über 15 Jahren von einer Frau regiert, aber dennoch sind Frauen in der Politik oft weiterhin eine Minderheit – vor allem auf kommunaler Ebene. Das sollte sich ändern, findet Veronika Büscher, Vorsitzende der Kreisfrauenunion, und ermuntert Frauen, sich zu trauen, politisch mitzumischen. In einem Interview mit DÜLMENplus-Mitarbeiterin Lena Riekhoff erzählt die Bulderanerin von ihren eigenen Erfahrungen in der Kommunalpolitik und warum es wichtig ist, sich politisch zu engagieren.
Wie war ihr persönlicher Weg in die Politik?
Veronika Büscher: Ich wurde von der Ortsverbandvorsitzenden der CDU Buldern angesprochen, ob ich nicht Interesse hätte mitzumachen, weil ich Kindergartenratsvorsitzende und Schulpflegschaftsvorsitzende war und außerdem das Familienschwimmen organisiert habe. Ich stand also in Kontakt mit vielen Familien und jungen Eltern ,und gerade dieser Blick sollte auch in der Kommunalpolitik widergespiegelt werden.
Was hat Sie letztendlich überzeugt einzusteigen?
Veronika Büscher: Ich fand es wichtig, die Interessen von jungen Familien miteinzubringen. Auf diese Weise können Bedingungen für sie verbessert werden. Dabei muss man auch mal andere Wege gehen und nach neuen Möglichkeiten suchen. Das hatte ich in ähnlicher Form bei meinen anderen Tätigkeiten auch schon gemacht, beispielsweise mit einem Kinderflohmarkt.
Wie kann man die Familie und Politik unter einen Hut bekommen?
Veronika Büscher: Gute Organisation ist entscheidend und der Rückhalt vom Partner zuhause. Auch Freunde können einen unterstützen. Meine vier Söhne waren auch nicht erwachsen, als ich mit der Politik angefangen habe. Wie groß der zeitliche Aufwand ist, entscheidet jeder selbst. Wenn man beispielsweise Beisitzer im Ortsverband ist, nimmt man nur vier oder fünf Mal im Jahr an Sitzungen teil. Das ist dann noch überschaubar. Gleichzeitig kann man sich natürlich auch gerne mehr einbringen und dann auch mehr Zeit investieren. Man wächst aber da rein. Der erste Schritt ist das Reinschnuppern.
Wie würde so ein Reinschnuppern denn konkret aussehen?
Veronika Büscher: Der erste Schritt ist, den Ortsverbandsvorsitzenden einer Fraktion, in der man sich engagieren möchte, anzusprechen, ob und inwiefern man mitarbeiten kann. So kann man beispielsweise bei bestimmten Arbeitskreisen zu Themen mithelfen, die einen besonders interessieren wie etwa Umwelt, Wirtschaft oder Jungend und Familie. Man muss auch nicht sofort Parteimitglied werden, sondern kann erst schauen, ob die Partei und die Arbeit zu einem passen.
Welche Themen sind beispielsweise aktuell kommunalpolitisch relevant?
Veronika Büscher: Die Baugebiete und die Wohnentwicklung ist weiterhin ein wichtiges Thema für die Menschen und deswegen auch für die Politik. Wir beschäftigen uns aber auch mit der Gewerbeentwicklung und Leerständen im Zuge von Corona. Natürlich ist auch die Ökologie ein großes Thema, da geht es zum Beispiel um den Radwegeausbau und darum, als Kommune schadstoffneutraler zu sein.
Sie sind seit zwölf Jahren in der Kommunalpolitik aktiv tätig. Ist der Anteil an Frauen in diesem Zeitraum größer geworden?
Veronika Büscher: Der Anteil hat sich nicht verändert und ist gleich niedrig geblieben. Gerade junge Frauen, die sich motiviert in der Politik engagieren wollen, fehlen sehr. Bei uns in der Jungen Union Dülmen ist keine einzige Frau. Bei anderen Parteien ist die Situation ähnlich. Dadurch kommt gleichzeitig auch der Blick von jungen Menschen von 20 bis 40 Jahren zu kurz. Frauen haben so vielfältige Ausbildungen und Abschlüsse und könnten viele Ideen reinbringen – gerade auch für Themen, die sie direkt betreffen, wie beispielsweise die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei der es auch heute noch Verbesserungsbedarf gibt. Der Blick der Frau fehlt einfach.
Warum ist wichtig, sich politisch zu engagieren?
Veronika Büscher: Weil man ganz viel mitentwickeln und dazu beitragen kann, dass die Kommune besser wird. Gleichzeitig bekommt man viele tolle Kontakte und trifft Menschen mit einer ähnlichen Haltung, mit denen man gemeinsam etwas bewirken kann. Es ist auch gut, seine eigene Meinung einbringen zu können, selbst wenn die Entscheidung nachher anders ausfällt. Mit der Arbeit macht man das Leben für die Menschen in Dülmen lebenswerter.
Was denken Sie, ist der Grund, dass es weniger Frauen in der Kommunalpolitik gibt?
Veronika Büscher: Wenn ich das wüsste, könnte ich es vielleicht verändern (lacht). Ich glaube, manchen Frauen fehlt das Selbstbewusstsein zu sagen: ,Ich kann das und ich mach das jetzt einfach mal.‘ Niemand fängt damit an, Reden zu halten, sondern man steigt erst einmal klein ein. Es ist ja auch nichts in Stein gemeißelt, man kann sich ausprobieren und testen, ob die Kommunalpolitik das Richtige für einen ist. Das war bei mir auch nicht anders. Man trifft dort auf nette Menschen, die etwas bewegen wollen. Und zwar gemeinsam. Gemeinsam heißt, dass alle Altersgruppen, Geschlechter und Schichten in Dülmen vertreten sind – und damit auch alle Menschen. Das würde die Stadt bereichern.
Zur Person: Veronika Büscher ist seit 2020 Stadtverordnete in Dülmen, seit mehreren Jahren Vorsitzende der Kreis Frauen Union und seit 15 Jahren in der CDU Buldern tätig. Sie ist außerdem in der Landes Frauen Union NRW und stellvertretende Ortsverbandsvorsitzende und stellvertretende Stadtverbandsvorsitzende und im Kreisvorstand. Die 55-Jährige lebt in Buldern, hat vier Söhne, zwei Schwiegertöchter und drei Enkelkinder.