Dülmen. 1982, vor 40 Jahren also, begann der Hausdülmener Hans-Günter Werner – kurz: HG – mit 26 Jahren seine Karriere als Wirt. In der Overbergstraße, Ecke Plusch, eröffneten er und zwei Kumpel die erste Dülmener Jugendkneipe, das „Atlantis“, das HG schon bald alleine weiterführte. Kurz zuvor noch hatte er die Ritter-Brauerei davon überzeugen müssen, dass er „koscher“ ist: „Unter meinem Namen stand im Telefonbuch ,Wanderprediger‘ – eine Reaktion darauf, dass sich ein Freund dort als ,Kulturphilosoph‘ hatte eintragen lassen“, schmunzelt HG, der die Brauerei von der Scherzhaftigkeit des Telefonbucheintrags überzeugen konnte.
Aus Restholz und bis eine halbe Stunde vor Eröffnung an einem Freitag war die Kneipeninneneinrichtung des „Atlantis“ binnen vier Wochen zusammengezimmert worden. „Die Eröffnung war eine ,Katastrophe‘: Westcoast Hannes hatte bei einem Konzert im Wildpark angesagt, dass das ,Atlantis‘ eröffnet. Um 20 Uhr waren die 80 Quadratmeter rappelvoll“, erinnert sich HG.
Er und sein Team meisterten die Situation. Der Erfolg nahm seinen Lauf. Fünf Jahre – bis zum Ende des Mietvertrags, den der Vermieter nicht verlängern wollte. „Hab‘ ich voll und ganz Verständnis für: Es war immer eine Menge los“, so HG.
Als die Kneipe schloss, fuhr HG in Münster ein Jahr lang Taxi. „Eine geniale Zeit; hat einfach Spaß gemacht.“ Sowieso hatte HG schon viele Tätigkeiten ausgeübt: Nach städtischer Realschule und Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Molkerei in Dülmen machte er bei Franziskanerpatres in der Klosterschule in Mettingen Abitur, studierte in Münster Biologie, Psychologie und Theologie. Mit 14 und bis Mitte 20 hatte er auf dem Prickings-Hof geholfen – „ein Onkel von mir hatte eine Schwester von Bauer Ewalds Frau geheiratet“. Softeis zapfen, Gläser spülen und Bier zapfen. Zwischendurch Arbeit auf dem Bau – „mein Papa war Maurer“ – und bei Braas im Dernekamp bei der Dachziegelproduktion am Band. Auch bei der WASAG arbeitete er – in der Sprengstoffverpackung. Die Gaststätte „Atlantis“ – die war eigentlich dazu gedacht, das Studium zu finanzieren.
HG packte das Wirt-Dasein im „Atlantis“ mit Elan an. „Mir fiel auf, dass die Sperrzeit-Regelung in der Gastronomie an Karneval ausgesetzt ist. Also machten wir das ,Atlantis‘ Weiberfastnacht auf und Faschingsdienstag wieder zu. Kumpel kamen, und wir haben in Schichten gearbeitet und geschlafen. DJ Nappo war die ganzen Tage wach!“
Das einjährige Intermezzo als Taxifahrer sollte ein Ende haben, als HG das heutige „X-Land“ in der Hohen Straße zur Nutzung angeboten wurde. „Paul Reiker rief mich an und fragte, ob ich die Kneipe von Pistole Wiemann übernehmen möchte.“ HG wollte und eröffnete 1988 dort das „Café HG“, das nicht zuletzt diversen Gymnasiastenjahrgängen willkommener Treffpunkt werden sollte – ob Unterricht war oder nicht. „Wir haben da in dem winzigen Laden Mega-Umsätze gemacht. Zeitweise haben wir 150 Liter Bier am Tag ausgeschenkt – 500 Hektoliter Umsatz im Jahr“, erinnert sich HG, der auch hier Karneval nonstop geöffnet hatte und sich die Kneipenleitung wochenweise mit WG-Genossin Ulla, einer gelernten Schaufenster-Dekorateurin, teilte. 1990 übernahm HG die Kneipe komplett, zahlte Ulla aus, die „mit dem Geld erst eine Weltreise machte und den Rest dann beim Baghwan ließ.“ Noch heute haben HG und Ulla – Kontakt.
Anfang der 2000er hätte HG dann in Rente gehen können. Aber es reizte ihn, mit dem „Queens“ im Bendix-Lagerhaus eine andere Art Gastronomie zu betreiben. „Da hab‘ ich viel investiert“, fasst HG zusammen. Seit zehn Jahren nun hat er zusammen mit Iris Feldhaus das DJK-Clubhaus in Bewirtschaftung und veranstaltet – wie auch in den Locations zuvor – gerne nicht zuletzt musikalische Events. „An Kultur habe ich immer Spaß gehabt.“
17 Jahre kennen er und Iris Feldhaus sich inzwischen. Und so gehen beide nun am 1. Oktober auf geplant fünfjährige Fahrt mit dem Reisemobil, das sie gebraucht erstanden haben (siehe Titelseite dieser DÜLMENplus-Ausgabe). Bis dahin gastieren am 4. September ab 15 Uhr „The Spitfires“, am 10. September ab 20 Uhr „Glengar“ (5 Euro Eintritt) und am 17. September ab 20 Uhr „Jack‘s Event“ (7 Euro Eintritt) am und im DJK-Clubhaus. Und bis dahin wird HG auch weiter täglich in den Sonnenaufgang spazieren und Fotos davon auf Facebook unter „HG am frühen Morgen“ posten. Jeden Tag sehen fast 10.000 Personen, mit welchen Foto-Faszinationen das Gastronomie-Urgestein sie dort beschenkt.
Künftig werde er sich mit seiner Schwester Annegret in einem Verein einbringen, der gegen die Ausbeutung Pflegebedürftiger durch Pflegebevollmächtigte in der eigenen Familie engagiert, so HG.