Die Regionalwert AG Münsterland fördert gemeinwohlorientiertes Wirtschaften
Dülmen. Biologische Landwirtschaft, Regionalität, ökologische Wirtschaftsweise, faire Arbeitsbedingungen und auch anderweitig gemeinwohl-orientierte Werte fördern: Das sind die Ziele der Regionalwert AG Münsterland. Am Mittwoch kamen Vorstand, Aufsichtsratsmitglieder, Partner und Interessenten zu ihrem ersten analogen Partnertreffen zusammen – nach coronabedingt digitalen Videokonferenzen. Biolandwirt Antonius Winkelmann in Merfeld war der Gastgeber. Zunächst ging‘s in den Dorfladen Merfeld, dann gab es eine Führung über den Naturland-Hof Winkelmann und anschließend eine Arbeitsrunde, bevor zum Abschluss gegrillt wurde.
„Die Investionen, die das Land NRW hier im Dorfladen getätigt hat, sind nachhaltig und zukunftsweisend“, erklärte Antonius Winkelmann den Teilnehmern des Treffens am Dorfladen Merfeld. Er schilderte die Entstehungsgeschichte des Dorfladens – als Gründungsgeschäftsführer hatte Antonius Winkelmann die Daten und Entwicklungen der ersten Zeit sehr präsent. So beispielsweise, dass zur Gründung des Dorfladens erst einmal 70.000 Euro als Eigenkapital zusammengetragen werden mussten, so dass dann nach zahlreichen Anstrengungen im Oktober 2018 Eröffnung gefeiert werden konnte.
Es folgte eine Besichtigung des Dorfladens, bei der auch Geschäftsführerin Katja Redlich einiges an Erläuterungen gab. Anschließend ging es in die Bauerschaft auf den Hof Winkelmann, wo Antonius Winkelmann und seine Frau Angelika die Teilnehmer des Treffens über den Hof führten und von der Bio-Ferkelzucht und dem Bio-Acker- und Bio-Gemüsebau berichteten.
Bei der anschließenden Gesprächsrunde wurde ausgelotet, in welcher Weise und in welchen speziellen Bereichen sich die Regionalwert AG Münsterland engagieren könnte. Denn nach der Gründung im März dieses Jahres stehen rund 600.000 Euro Kapital von 103 Aktieninhabern zur Verfügung – Geld, mit dem sich die Regionalwert AG Münsterland gemäß den Zielen der AG in Form von Investitionen an Partnerbetrieben beteiligen kann. So haben andere Regionalwert-AGs in Deutschland beispielsweise mal die Errichtung einer Bio-Käserei finanziell unterstützt. Aber auch andere Investitionen haben Regionalwert AGs in Deutschland seit der Gründung der ersten Regionalwert AG vor 15 Jahren bereits getätigt. So etwa die Anschaffung einer Maschine, mit der Nüsse geknackt werden können.
Damit erwirbt die Regionalwert AG Anteile an dem geförderten Betrieb, der auf diese Weise solche Investionen nicht fremd- beziehungsweise kreditfinanzieren muss. Damit fällt auch das „Abstottern“ solcher Kredite weg, und außerdem steigt die Eigenkapitalquote, was dem Betrieb ebenfalls zugute kommt. Die Regionalwert AG hat Anteil an den überschüssigen Umsätzen aus der Investition – der Betrieb muss das Kapital beziehungsweise das Investment, das von der Regionalwert AG getätigt wurde, jedoch nicht zurückzahlen.
Die Aktionäre fördern somit durch ihr finanzielles Engagement werteorientiertes Wirtschaften, das am Gemeinwohl orientiert ist. Als Rendite erleben die Aktionäre, wie sich ihre finanzielle Beteiligung positiv etwa bei der Förderung der Biolandwirtschaft auswirkt, und dank solcher Treffen wie Mittwoch in Merfeld entwickelt sich auch Kontakt und Austausch zwischen Aktionären und Partnerbetrieben – Netzwerke entstehen.
Dieser Ansatz trifft auf eine Menge Interesse. So stehen bereits weitere Aktionäre in den Startlöchern – mit der Folge, dass geplant ist, durch Ausgabe weiterer Namensaktien das Stammkapital der Regionalwert AG Münsterland noch in diesem Jahr auf 900.000 Euro aufzustocken.
Eine Summe steht dann zur Verfügung, die hinsichtlich ihrer Höhe von Beobachtern und Experten bei weitem nicht so erwartet worden war – wo doch Biolandwirtschaft im Münsterland noch einen kleinen einstelligen Prozentanteil einnimmt, anders als vielfach anderswo in Deutschland, wo Biolandwirtschaft weitaus größere Anteile hat.
Vorschläge zum Engagement wurden gesammelt
Wie im einzelnen kann sich die Regionalwert AG Münsterland künftig engagieren? Diese Frage wurde am Mittwoch bei der Arbeitssitzung im Anschluss an die Hofführung in den Raum gestellt, und entsprechende Vorschläge wurden gesammelt.
Darüber hinaus berichtete Heinrich Rülfing aus Rhede, einer der Aufsichtsratsmitglieder der Regionalwert AG Münsterland und unter anderem als Vorsitzender des Bundesverbands der Bioschweinehalter engagiert, von seinem landwirtschaftlichen Bio-Hof und von der Untersuchung seines Betriebs unterm Gesichtspunkt der sogenannten Nachhaltigkeits-Bilanz. Sie weist auf, wie und wo der Betrieb in Sachen nachhaltiges, umweltfreundliches und in anderer Hinsicht gemeinwohlorientiertes Wirtschaften gut aufgestellt ist und wo noch Verbesserungsbedarf herrscht.
Eine solche Nachhaltigkeits-Bilanz zeigt und rechnet in Euro vor, welchen Mehrwert der untersuchte Betrieb beispielsweise für den Erhalt der natürlichen Artenvielfalt erbringt. Und möglicherweise – so jedenfalls die Idee, die mit der Aufstellung von Nachhaltigkeits-Bilanzen verbunden ist – können die Ergebnisse der Bilanzierungen genutzt werden, sollte die Europäische Union im Bereich der Direktzahlungen an die Bauern vielleicht beispielsweise die Erbringung von Gemeinwohl-Leistungen wie etwa Erhalt der Artenvielfalt finanziell honorieren.
Die Regionalwert AG Münsterland ist eine von mehreren Regionalwert AGs in Deutschland. Sie alle verbindet das Ziel, Produkte – vor allem in der Landwirtschaft – biologisch und regional zu erzeugen und zu vermarkten. Dementsprechend können nur Bio-Höfe beziehungsweise Höfe, die auf Bio umstellen, Partner der Regionalwert AG werden.
Wer im Bereich Handel Partner der Regionalwert AG Münsterland werden möchte, muss einen erheblichen Teil des Sortiments in Bio-Qualität haben. Noch ohne definierte Quote ist der Bereich Gastronomie. Hier gibt es auch noch keine Partner, so dass noch zu entscheiden ist, welch einen Anteil „Bio“ dort haben soll.