Dülmen. Die Pogromnacht gegen die jüdische Bevölkerung 1938 war wohl ein letzter Impuls dafür, dass der neben der St.-Viktor-Kirche lebende jüdische Viehhändler Louis Pins entschloss, nach Uruguay auszuwandern. Um die dafür nötigen Mittel zu bekommen, wollte er unter anderem einen Hypothekenbrief vom Hof Schulze Empting in Rödder in Geld tauschen. Dazu hatte er Kontakt mit Heinrich Bockholdt, der in Hamburg Mitarbeiter des Generalkonsulats von Uruguay war. In einem Zollgerichtsverfahren wurde Bockholdt der Prozess gemacht, in dem auch Louis Pins erst als Zeuge, dann als Angeklagter involviert wurde. 1940 starb Louis Pins im Gestapo-Gefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel.
Begraben liegt Louis Pins in Hamburg. Auf der Suche nach dem Grab stieß Christiane Daldrup, Mitarbeiterin der St.-Viktor-Gemeinde, in Hamburger Archivbeständen auf die umfangreichen Zollgerichtsakten des Prozesses gegen Heinrich Bockholdt – mit wörtlicher Dokumentation. Archivmitarbeiterinnen erfassten die Akten digital, so dass sie in Dülmen bearbeitet werden konnten. In Kooperation (Markus Trautmann: Erläuterungstexte und Konzept; Christiane Daldrup: Satz und Layout; Heimatverein Dülmen: Herausgeberschaft) entstand daraus ein 70-seitiges reich bebildertes und aufgelockert gestaltetes Buch, in dem das Schicksal von Louis Pins, seiner Familie, die Planung der Auswanderung und nicht zuletzt der Zollgerichtsprozess dargestellt sind – und das tragische Lebensende von Louis Pins, der sich wohl in der brutalen Gestapo-Haft selbst das Leben genommen hat. Titel des Buchs: „Sie müssen machen, dass ich wegkomme!“ – Verhaftung und Verhör des Dülmener Juden Louis Pins.
Dr. Dieter Potente stellte dieses Buchprojekt bei der NRW-Stiftung vor, die – angetan von dem Konzept – eine finanzielle Unterstützung beisteuerte. Daher kann das Buch, das im Eigenverlag erschienen ist und 800 Mal gedruckt wurde, für 5 Euro im Buchhandel angeboten werden. In einem Interview am Ende des Buchs äußert sich Dr. Dieter Potente über die Herausforderungen des schulischen Geschichtsunterrichts, für den sich das Buch sicherlich in besonderer Weise eignet.
• An diesem Freitag, 24. Juni, ab 19 Uhr, stellen der Heimatverein Dülmen und die Pfarrgemeinde St. Viktor das Buch im einsA vor. Eingebettet ist diese Buchvorstellung in einen Vortrag von Erik Potthoff mit dem Thema „Mit klarem Ziel, doch nie am Ende. Eine Zeitreise durch die Dülmener Erinnerungskultur nach dem Zweiten Weltkrieg“.
Weitere Infos auch im Internet auf www.hineinschauen.org.