Dülmen. Dienstagmorgen, 9.30 Uhr im Sportzentrum Süd. Im Strahl der Herbstsonne drehen Seniorinnen und Senioren im leichten Trab ihre Runde um den Rasenfußballplatz. Aufwärmen für das, was da noch kommt. Kugelstoßen ist diesmal angesagt. Erst einmal aber heißt es nach der Laufrunde: halbe bis dreiviertel Stunde Dehnungsübungen und Gymnastik für alle. Mit dabei: Josef Kübelbäck. Seit über 32 Jahren gehört der Dülmener zur Interessengemeinschaft Sportabzeichen Dülmen und ist mit seinen 89,5 Lebensjahren der älteste der Gruppe. Und: Er macht bei allem aktiv mit. Aktuell sammelt er die Werte für sein 33. Sportabzeichen in Gold.
„Es macht mir einfach Spaß in der Gruppe – und körperlich klappt das beim Sport alles noch gut bei mir. Ich kann noch alles mitmachen“, meint Josef Kübelbäck bescheiden.
Dabei ist er, was den Sport betrifft, ein „Spätberufener“: „Ein Bekannter, Werner Bülte, sprach mich vor Jahrzehnten an, ob ich nicht bei der Sportabzeichengruppe mitmachen wolle. Bis dahin hatte ich eigentlich überhaupt keinen Sport gemacht. Und so kam es, dass ich mit 57 mein erstes Sportabzeichen bekam“, erinnert sich Josef Kübelbäck, der im Böhmerwald auf die Welt gekommen war und im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurde. 1964 kam er nach Dülmen, und ab 1974 war er stellvertretender Leiter des Kaufparks.
In der ersten Zeit in der Regel nur samstags Zeit für Sport
„Ganz viel Raum für den Sport hatte ich wegen meiner beruflichen Verpflichtungen nicht, meist nur samstags damals“, erinnert sich Josef Kübelbäck. „Aber als ich dann mit 62 in Rente ging, bin ich richtig bei der Leichtathletik mit eingestiegen.“ Sie machte und macht ihm einfach Spaß – genauso, wie sie für seine vier Söhne attraktiv war. Sie alle waren bei der TSG Dülmen in der Leichtathletik aktiv.
„Wie machst Du das nur!?“
Auch, wenn er bescheiden und dankbar ist, was seine sportlichen Erfolge und seine Fitness bis auf den heutigen Tag betrifft: Er hört Lob ganz gerne: „,Wie machst Du das nur?!‘, so hat mal Paul Schulze Robert, fast 87 Jahre alt, zu mir gesagt“, gibt Josef Kübelbäck wieder.
Eine große Rolle spielt dabei bestimmt, dass er seit fast 33 Jahren immer sportlich aktiv geblieben und auch ansonsten tätig ist. Beispiel Gartenarbeit. „Na ja. Manchmal denkt man sich: Muss ja sein“, ist er auch da ganz ehrlich.
Zweimal die Woche morgens Training draußen
Zweimal die Woche, dienstags und donnerstags ab 9.30 Uhr, draußen zum Training – so steht es auf dem Programm der Interessengemeinschaft Sportabzeichen Dülmen. Wenn das Wetter nicht mitspielt und vor allem bei kühler Witterung unter 10 Grad Celsius geht es stattdessen am Donnerstagnachmittag 16 Uhr in die Turnhalle. „Wobei man sagen muss: Sport macht draußen einfach mehr Spaß“, macht Josef Kübelbäck aus seinem Herzen keine Mördergrube.
„Wir sind der Stadt sehr dankbar“
Wobei er mit dieser Meinung nicht allein ist: „Unsere Interessengemeinschaft Sportabzeichen ist ja ganz lose – wir sind kein Verein. Dennoch gibt uns die Stadt seit all den Jahren grünes Licht für die Benutzung der Sportanlage und der Turnhalle. Wir sind da sehr dankbar“, sagt Günter Moritz, der sich bei der Interessengemeinschaft mit Rudi Schmitt sowie Klaus Jungbluth ums Organisatorische kümmert.
Die Stadt unterstützt die Interessengemeinschaft gern – mit gutem Grund. Denn sie ist einfach verdienstvoll, auch als Dienstleisterin. Denn sie ist nicht selten Anlaufstelle für diejenigen, die beruflich ein Sportabzeichen benötigen. „Wie häufig haben wir schon Sportabzeichen abgenommen bei Leuten, die sich bei der Polizei bewerben, bei der Bundeswehr oder bei anderen potentiellen Arbeitgebern“, sagt Günter Moritz.
Die Leistungen der verschiedenen Sportabzeichendisziplinen zu prüfen und zu vermerken – das ist eben Tagesgeschäft bei der Interessengemeinschaft. Rudi Schmitt ist dabei derjenige, der in Sachen Prüfungen und Übungsleitung erster Ansprechpartner ist – seit dem Jahr 2000. Insgesamt fünf Mitglieder der Gruppe können Prüfungen abnehmen und dokumentieren, so dass auf jeden Fall für Kontinuität gesorgt ist, wenn mal einer nicht kann oder gar mehrere nicht können. Und bei der Übungsleitung springen Klaus Jungbluth und Günter Moritz bei Bedarf mit ein.
Auf einem Blatt Papier, das alle Mitglieder der Interessengemeinschaft zu Hause haben, sind neben den Prüfern auch die Namen der aktuell drei passiven Mitglieder, der sechs ehemaligen Mitglieder und der vier Ehrenmitglieder nebst Telefonnummer vermerkt. Und namentlich sind auch die zehn, die mittlerweile verstorben sind, aufgeführt.
Man ist sich einfach auch persönlich und menschlich zugetan, über den gemeinsamen Sport hinweg. „Als wir coronabedingt über Monate hin nicht gemeinsam Sport machen durften, hat Rudi Schmitt regelmäßig rundtelefoniert, ob alle noch gesund sind“, berichtet Josef Kübelbäck. Und freut sich, dass niemand aus der Runde an Covid-19 erkrankte.
Auch Geselligkeiten stehen auf dem Jahresprogramm
Mindestens zweimal im Jahr steht abseits vom Sport auch Geselliges auf dem Plan: „Einmal im Jahr machen wir eine Nachmittagswanderung zum Kaffeetrinken im Haus Waldfrieden, und Ende November verbinden wir die Abzeichenverleihung mit einem gemeinsamen Mittagessen“, so Josef Kübelbäck. „Und wenn einer beim Geburtstag ,nullt‘, lädt er uns mittwochs zum Frühstück ins Haus Sternemann ein.“ Dienstags und donnerstags geht es ja nicht – da ist ja Sport angesagt. Angesichts der Tatsache, dass in besten Zeiten bis zu 30 Personen beim Sportabzeichen-Sporttreff dabei sein, kommt da schon eine schöne Runde zusammen.
Aktuell hat Josef Kübelbäck für sein 33. Sportabzeichen in Gold die Disziplinen absolviert: beispielsweise 90 Zentimeter Hochsprung, 1,68 Meter Weitsprung aus dem Stand, 20 Kilometer Fahrradfahren in 60 Minuten, 8 Meter Medizinballwerfen, 50 Meter Sprint. Die Schwimmprüfung, die er mal ablegte, ist noch gültig – sie gilt für fünf Jahre. „Hat alles geklappt“, freut sich Josef Kübelbäck, der auch aus seiner Familie Unterstützung erfährt. „Allerdings sagt meine Frau Marianne immer: ,Sei vorsichtig.‘ Aber das bin ich ja auch“, meint der 89einhalbjährige mit einem Lächeln.