Dülmen. Gerade im Fußball werden Spieler schnell „alt“. Heute noch erste Seniorenmannschaft, morgen schon „Alte Herren“. Doch gerade, weil es in Deutschland keine einheitliche Regelung dessen gibt, wann ein Fußballer zu den Alten Herren gehört, ermöglicht bei den „alten“ Fußballer der TSG Dülmen eine besondere Konstellation: Hartmut „Hacky“ Gerson und sein Sohn Oliver kicken nun gleichzeitig in einer Mannschaft.
Diese außergewöhnliche Teamzusammensetzung ist insbesondere darum möglich, weil Hacky mit seinen 63 Jahren nicht genug vom Fußball bekommt: „Solange ich fit genug bin, werde ich weiter spielen! Da spielt das Alter keine Rolle!“ Sein Sohn Oliver (33 Jahre), findet es total super: „Ist doch großartig, so einen fitten Vater zu haben.“
Nicht nur auf dem Feld, wo Hacky seit seiner Kindheit im Sturm spielt und ihn Oliver als hängende Spitze mit Bällen füttert, verstehen sich beide super – auch sonst hält das Vater-Sohn-Gespann zusammen. Schon seit Oliver 1994 als Minikicker bei der TSG Dülmen anfingt, unterstützte ihn Hacky.
Dass die Fußballleidenschaft vom Senior auf den Junior überschwappte, verwundert mit Blick auf den fußballerischen Werdegang von Hartmut nicht: Mit sechs Jahren startete er 1965 bei der DJK Dülmen durch, wo er von der Jugend bis zu den Senioren kickte. Nach seinem zweiten Seniorenjahr wurden allerdings größere Teams auf den damals 19-Jährigen aufmerksam: „Ich wurde zum Probetraining beim BVB eingeladen, bekam dann ein Angebot aus Wuppertal – und eines vom ASC Schöppingen. Die haben ja damals in der höchsten deutschen Amateurliga gespielt. Weil es von der Nähe passte, sagte ich zu.“ Und so folgten vier Jahre Oberliga (1980 bis 1984), wo „Fußball zwischen Feld und Vieh geboten wurde. Seine namenhaften Mitspieler damals waren etwa Spielertrainer Hans-Werner Moors oder Peter Neururer. „Das war ein super Trupp, eine herrliche Zeit.“
Auf seine Zeit im Amateur-Oberhaus folgte, weil Hacky in Dülmen mit dem Hausbau startete, der Wechsel in die Heimatstadt Dülmen, wo er sich nun der TSG anschloss und unter Trainer Wolfgang Ahlefelder als Stürmer auflief. Und schon beim ersten Spiel erlebte er ein Highlight: „Wir mussten gegen Haltern ran – und genau dahin ist Peter Neururer zeitgleich als Spielertrainer gewechselt. In Schöppingen hatten Peter und ich immer und immer wieder die gleiche Freistoßvariante einstudiert. Und mit der TSG machte ich genau das Ding rein. Herrlich. Dass wir am Ende 8:2 gewonnen haben, machte es doppelt schön.“
Nach einem Jahr bei der TSG, wollte sich Gerson Senior als Trainer versuchen – und tat es erfolgreich von 1985 bis 1988 bei Fortuna Seppenrade und dann noch einmal von 1992 bis 1995 bei Arminia Appelhülsen, wo er den Aufstieg in die Kreisliga A feiern konnte. Bei den Alten Herren ist Hacky bereits seit 1992 aktiv – und hat bis heute weder Ehrgeiz noch Torriecher verloren.
Oliver tat es seinem Vater nicht nur hinsichtlich der Begeisterung für den Fußball gleich – auch er ließ sich zum Trainer ausbilden und coachte von 2015 bis 2019 die Reserve von Grün-Weiß Nottuln. Aber von vorne: Oli durchlief von 1994 bis 2006 die komplette Jugend der TSG Dülmen, wechselte aber im zweiten A-Jugendjahr nach Nottuln, wo er bereits ein Jahr später für die Senioren auflief. „Dort war ich aber eher in der Zweiten aktiv und habe viel von Markus Lindner gelernt.“ 2008 zog es ihn zurück zur TSG Dülmen, wo er unter Ulli Blennemann vom Zehner zum Linksverteidiger umgeschult wurde und mit erst 19 Jahren zum Stammspieler in der Landesliga wurde. Mit dem Abstieg der TSG 2011, lockte ihn Marcus „Kalli“ Feldkamp zurück nach Nottuln, wo Oliver 2013 seinen größten Erfolg feierte und in die Westfalenliga aufstieg. Doch direkt nach dem Aufstieg ging es wieder zurück zur TSG, diesmal unter Trainer Andre Bertelsbeck. „Während ich bei der TSG spielte, wurde mir vom Verein eine Trainerausbildung ermöglicht. Ich war noch nicht ganz fertig, da bekam ich das Angebot aus Nottuln, hier meinen ersten Trainerposten zu übernehmen. TSG-Obmann Tobias Kollenberg legte mir da überhaupt keine Steine in den Weg – was ich ihm bis heute hoch anrechne – und ich konnte als Trainer durchstarten.“ Das tat Gerson junior bis 2019, bis im gesundheitliche Probleme ein wenig den Zahn zogen – Probleme mit der Hüfte. Jetzt, da er wieder fit genug ist, schnürt er gerne die Fußballschuhe für die Alten Herren, auch, wenn er „nur“ 32 Jahre alt ist.
Dass sowohl Vater als auch Sohn in seinem Team spielen, findet AH-Trainer Karl Nathaus großartig: „Die beiden verstehen sich auch auf dem Platz super. Das merkt man.“ Überhaupt merkt man auch Nathaus an, was die „Alten Herren“ ausmacht: Fußballleidenschaft und ein starkes Teamgefüge – „auch in Halbzeit Drei“, so Nathaus. „Wir spielen nicht nur Fußball, wir unternehmen auch darüber hinaus viel zusammen.“ Wenn die AH-Mannschaft ausrückt, dann meistens zu Freundschaftsspielen: „Wir sind zwar ehrgeizig, aber es geht in erster Linie einfach darum, zusammen gegen den Ball zu treten.“ Insgesamt besteht die Alt-Herren-Abteilung der TSG derzeit aus knapp 50 Mitgliedern – wer sich berufen fühlt, ebenfalls noch einmal gegen den Ball zu treten, kann gerne Kontakt zum Team aufnehmen.
Die Gerson-Fußballer werden auf jeden Fall noch so lange zusammenspielen, wie es die Gesundheit zulässt. Auf einen Trainerposten hat der Senior keine Lust mehr – Oli, der aktuell als Betreuer der Alten Herren mit anpackt, kann sich ein Engagement in der Zukunft aber durchaus vorstellen.