Buldern. Den 5. und 6. September in diesem Jahr haben sich Jürgen Artmann, Axel Schäfer und Uwe Hörnschemeyer dick im Kalender notiert. Denn an besagtem Freitag und Samstag haben die Bulderner in Stralsund an der Ostsee in und an der Braumanufaktur Störtebeker einen großen Einsatz. Sie präsentieren dann ihre Altbier-Eigenkreation bei der Deutschen Meisterschaft der Hobbybrauer.
Schon im vergangenen Jahr hatte das Trio an der Deutschen Hobbybrauer-Meisterschaft im Norden der Republik teilgenommen. „2024 waren rund 200 Hobbybrauer im Wettbewerb und haben ein Bier im Stil eines Belgian Blonde Ale beigesteuert – so, wie es gefordert war. Die Durchschnitts-Bewertung lag bei 36,3 Punkten. Da rangierten wir mit unseren 47,2 Punkten weit über dem Durchschnitt und landeten bei der Bewertung unter den besten 20“, blickt Jürgen Artmann zurück. „Darauf sind wir schon ein wenig stolz.“
In diesem Jahr heißt es also, ein vorzügliches Altbier für den Wettbewerb zu brauen. Gefordert ist ein Bier mit folgenden Eigenschaften, wie auf www.hobbybrauer-meisterschaft.de zu lesen ist: „Obergärig, warme Farbe, ungetrübt und glänzend, ausgeprägte Malzaromen, stabiler, cremiger Schaum, feine, blumig-würzige Hopfenaromatik, fein eingebundene, moderate Kohlensäure, zurückhaltende Hefearomatik, ausgeprägte, feine Bittere, hohe Endvergärung, mittlere Vollmundigkeit, trocken im Trunk, bitter-süßliches Finish, hohe Trinkfreude“.
Ziemlich genaue Vorgaben
für das Wettbewerbsbier
Die Stammwürze soll 11 bis 12,9 Grad Plato betragen, der Alkoholgehalt zwischen 4,3 und 5,5 Prozent, die Farbe zwischen 18 und 33 EBC – und die Bittereinheiten sollen bei 25 bis 50 IBU liegen. Zwischen Ende Juli und Mitte August soll das Wettbewerbsbier in Stralsund angeliefert beziehungsweise abgegeben sein. Entsprechend früh muss das Wettbewerbsbier gebraut werden, damit es zur genannten Zeit auch mit Gärung und nötiger Lagerung fertig ist.
Das ist für die drei Bulderner, die auf inzwischen vier Jahre Hobby-Bierbrauen blicken können, jedoch kein Problem. Denn sie haben schon die verschiedensten Bierstile gezaubert und sich dafür immer einen guten halben Tag Zeit genommen. So ein Braugang braucht nämlich mehrere Stunden.
So muss der Sud allein schon nach der Hopfengabe eine ganze Stunde lang köcheln; vorher wird der Sud bei fest definierten niedrigeren Temperaturen jeweils mal eine halbe Stunde, mal beispielsweise 20 Minuten auf Hitze gehalten, damit die im Malz enthaltenen Enzyme ihre Arbeit verrichten und aus den längeren Kohlenhydratketten kürzere Zucker machen können, die dann später bei der Vergärung von der Hefe teilweise zu Alkohol umgewandelt werden.
„Die Zeit nehmen wir uns jeden Monat – wir sehen es als Entschleunigung vom Alltag“, sagt Jürgen Artmann, der in seinem Berufsleben in Werne das Freiherr-vom-Stein-Berufskolleg leitet. Ebenfalls beruflich weitab von Nahrungsmitteln tätig sind seine beiden Mitbrauer: Axel Schäfer ist Wirtschaftsingenieur und arbeitet bei Evonik in Essen im Bereich Innere Revision, und Uwe Hörnschemeyer ist Kreditanalyst bei der Sparkasse in Lüdinghausen.
Jeden Monat treffen sie sich für einen Nachmittag bis Abend zum Bierbrauen oder auch zum Flaschenspülen, Abfüllen und was sonst noch ansteht. Und bei jedem Brautag ist ein anderer Bierstil an der Reihe. Nummer 33 ist beispielsweise ein Frühlingsbock, aber auch Baltic Porter, Stout, Dunkel Special, Pils, Kölsch und noch reichlich andere Stile haben die drei kreiert – wie etwa ein Eisbock: ein Doppelbock-Bier, das eingefroren wurde – und was beim Auftauen abtropft, ist Eisbock…
Alles wird dokumentiert auf www.arsch-biermanufaktur.de
Was sie so zaubern, veröffentlichen die drei Bulderner inklusive ihrer Braurezepte auf ihrer launig geschriebenen, detaillierten Homepage www.arsch-biermanufaktur.de, auf der auch zu sehen ist, dass sie selber Naturhopfen anbauen und probieren. Beim Brauen nutzen sie jedoch standardmäßig handelsübliche Hopfen-Pellets von zehn verschiedenen Sorten wie beispielsweise Brewers Gold, Fuggles, Cascade, Saphir, Amarillo oder auch Solero. Und auch bei den Braumalzen haben sie eine bunte Auswahl von anderthalb Dutzend Typen, ebenso bei den Hefen; hier sind zehn Sorten griffbereit. Je nach beabsichtigtem Geschmack erfolgt die individuelle Auswahl.
Wenn‘s dann ans Brauen geht, heißt es rechnen: So und soviel Zucker – Stammwürze – wird gebraucht, damit nach Vergärung ein relativ fest definierter Restgehalt Zucker im Bier ist und das Bier einen passenden Ziel-Alkoholgehalt hat. Dementsprechend wird eine passende Menge Malz geschrotet und mit Wasser in den Einkochautomaten gegeben. „Wir holen etwa 60 Prozent Zucker aus dem Malz heraus – rein theoretisch wären 80 Prozent möglich“, sagt Axel Schäfer. „Damit kann man ausrechnen, wie viel Malz wir benötigen. So etwa für 20 Liter übliches Bier rund fünf Kilogramm Malz.“ Pro Kilogramm Malz fallen Kosten von rund 2,30 Euro an, für die Hefe nochmal rund vier Euro für 20 Liter Bier, und ebenso vier Euro für die benötigten Hopfenpellets. „Wir haben von daher Materialkosten von etwa einem Euro pro Liter Bier“, so Uwe Hörnschemeyer. Hinzugerechnet werden muss dann freilich noch die aufgewendete Energie und die Zeit. Und die Investition in die Brauausstattung.
Die ist bei den drei Buldernern alles andere als überkandidelt. „Es gibt ja im Handel die tollsten Braukessel mit programmierbarer Temperaturführung. Wir machen das hier jedoch lieber alles manuell mit Thermometer und Einkoch-Töpfen. Das ist einfach ein anderes Erlebnis. Das manuelle Rühren ist so etwas wie ins Lagerfeuer gucken“, sagt Jürgen Artmann. Für die Zuckermessung verwenden die drei unter anderem eine Tauchspindel; daneben ist jedoch auch für den Gärvorgang ein moderner Sensor im Einsatz, der Daten ans Handy liefert. Überschaubar war kostenmäßig auch die behördliche Listung der Bulderner Baumanufaktur als „Braustätte Brinkmannstraße“. „Ein paar Euro, schon hatten wir unsere Braustättennummer. Auf diese Weise haben wir jetzt die Genehmigung, bis zu 500 Liter Bier pro Jahr zu brauen“, so Jürgen Artmann.
Aus Fertig-Braukasten wurde ein vielfältiges Hobby
Wie es eigentlich zu diesem Brau-Hobby kam? „Ich hatte mal einen Fertig-Braukasten geschenkt bekommen, und das hat mir Spaß gemacht“, erinnert sich Jürgen Artmann. Und Axel Schäfer hatte auch Interesse – immerhin hatte er bereits sieben Jahre zuvor Bierdeckel gesammelt.
Später kam Uwe Hörnschemeyer hinzu. Er hatte während seines Studiums bei der Brauerei Isenbeck in Hamm gejobbt. Zusammen mit seiner Frau Daniela tanzt er mit Jürgen und Andrea Artmann sowie auch Axel Schäfer nebst Frau Tina bei Tanzsport Harmonie in Dülmen. Da war das Brau-Trio schnell komplett.
Gerne möchten die drei ihr Hobby noch mit anderen teilen. „Wir könnten uns gut vorstellen, dass wir in Dülmen einen Hobby-Brauer-Stammtisch ins Leben rufen“, sagt Axel Schäfer. Wer Interesse hat, schreibt einfach eine E-Mail an die Adresse axel@arsch-biermanufaktur.de
Bei so einem Stammtisch könnte besprochen werden, welcher Biertyp das nächste Mal gebraut werden soll. Oder auch eine Gemeinschaftstour zur Hobby-Braumeisterschaft.
Dem Sieger winken 400
Liter seines Siegerbiers
Die winkt dem Sieger übrigens mit einem tollen Preis: Es werden in Stralsund 100 Hektoliter vom Siegerbier gebraut – und 400 Liter davon erhält der Sieger übereignet. Der Rest geht bundesweit in den Handel. Man kann als Hobbybrauer also auf diese Weise schon eine gewisse Berühmtheit erlangen.
Wer weiß: Vielleicht gibt‘s ja das Altbier à la ARSCH eines Tages in ganz Deutschland zu kaufen, wenn das Trio den ersten Platz abräumt…